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„Ich war immer Surrealist“, sagte der Schweizer Maler und Bildhauer Serge Brignoni über sich. Am Sonntag ist der bis ins hohe Alter aktive Künstler in Zollikofen im Kanton Bern im Alter von 99 Jahren gestorben. Brignoni wurde 1903 in San Simone bei Chiasso im Kanton Tessin geboren und hatte Kunsthochschulen in Berlin und Paris besucht. Während seiner Pariser Zeit hatte Brignoni Zugang zum Kreis der Surrealisten gefunden und einen eigenen Stil entwickelt, mit vieldeutigen pflanzlichen und anthropomorphen Formen, die er in einen reich strukturierten farbigen Raum einband. Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs musste er mittellos nach Bern fliehen. Seine letzte große Ausstellung hatte Brignoni vor knapp fünf Jahren im Berner Kunstmuseum. Im Oktober ist eine weitere Ausstellung mit Arbeiten des Künstlers in Bern und im kommenden Jahr in Basel geplant.

Gestorben ist auch der Maler Georg Karl Pfahler, Vertreter der Geometrischen Abstraktion und der „Signalkunst“: Er starb am Samstag nach schwerer Krankheit im Alter von 75 Jahren in Weißenburg-Emetzheim in Mittelfranken. Seine große Zeit hatte Pfahler in den 60er- und 70er-Jahren. Furore erzielte er 1965 auf der „Signale“-Ausstellung in Basel, bei der er seine „Formative“ ausstellte – so nannte er seine Arbeiten der frühen 60er-Jahre. Mit formativ meinte er einen „Schwebezustand, ein Hintasten zu Farbe und Form, zu Farbform“. 1970 war Pfahler mit begehbaren Labyrinthen aus dreieinhalb Meter hohen Wänden auf der Kunstbiennale in Venedig vertreten. In Chemnitz wurde im vergangenen Jahr eine Ausstellung mit jüngeren Großformaten gezeigt, derzeit läuft in Wuppertal der zweite Teil der Schau.

Gestorben ist auch der indische Literatur-Nobelpreisträger Rabindranath Tagore – allerdings bereits vor fünfzig Jahren, weswegen nun die Rechte an seinem Werk frei geworden sind. Wie die Times of India berichtete, hat die indische Regierung das Copyright des alleinigen Rechteinhabers, der Universität Vishwabharati in Westbengalen, nicht verlängert. Damit dürften auch in Deutschland neue Übersetzungen und bisher unbekannte Werke des Autors auf den Markt kommen. Tagore, der 1913 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet wurde, gilt als Nationaldichter Indiens und wurde zu Anfang des vorigen Jahrhunderts auch in Deutschland viel gelesen. Seit dem Tod des Dichters konnte keine Zeile mehr ohne Zustimmung der westbengalischen Universität veröffentlicht werden. Aktuell sind in Deutschland deshalb nur wenige schmale Bändchen von ihm erhältlich.

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