unterm strich:
Wie leicht mit Bestenlisten und Charts Schindluder getrieben werden kann, zeigt auch ein Verdacht, von dem das Hamburger Magazin Max berichtet: So sollen die deutschen Musik-Charts manipuliert worden sein, und zwar durch den systematischen Einkauf von CD-Alben der Quietschdrossel Jeanette Biedermann und des Schlager-Zombies Bernhard Brink. Wir haben uns schon lange gefragt, wer deren Platten überhaupt kauft. Jetzt scheint das Rätsel gelüftet: Ein Knecht der Plattenfirma soll’s gewesen sein. Dummerweise hat der, ein Fahrer von Bernhard Brink und dessen Manager Holger Kurschat, der zugleich die Sängerin Jeanette Biedermann vertritt, am 2. März 2002 eine Kollegmappe in Berlin verloren. Dieses corpus delicti enthielt Kassenbons über den Kauf von insgesamt 100 CDs von Bernhard Brink und Jeanette Biedermann binnen zwei Tagen in Köln und Berlin. Darüber hinaus enthielt die Tasche Computerausdrucke mit Listen von 259 Schallplattengeschäften in 69 deutschen Städten. Die Dateien tragen den Titel „CD-Einkauf“ und wurden teilweise schon am 1. März 2001 und am 22. März 2001 ausgedruckt. Konfrontiert mit den Recherchen, vermutet der Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft, der täglich die Verkaufszahlen aller Tonträger durch die Baden-Badener Firma „Media- Control“ elektronisch erheben lässt, schon einen „intelligenten, breit angelegten Betrug“ und hat bereits eine umfassende Untersuchung der Angelegenheit angekündigt. Die betroffenen Plattenfirmen reagierten bislang distanziert und wiesen jede Verantwortung weit von sich. Allen voran Universal-Chef Tim Renner: Er hat Jeanette Biedermann bei Polydor unter Vertrag und bald auch Bernhard Brink, ist er doch gerade dabei, dessen Firma Koch Music zu kaufen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen