unterm strich:
Ein lebhaftes Wochenende hat die Musikszene im Süden Europas zu verbuchen: Am Sonntag ist es vor einem Konzert des spanischen Nationalorchesters in Madrid zum Eklat gekommen. Als „faule Beamte“ beschimpften Teile des Publikums die Musiker und empfahlen ihnen, wieder zu studieren. Offensichtlich sind also auch Vorurteile von der Europäisierung, gar von der Globalisierung betroffen.
Rund zehn Minuten haben die Proteste des Publikums laut der spanischen Zeitung El País gedauert – was folgte, war sicher ein Konzert, bei dem die Spannung zwischen Zuschauerraum und Bühne spürbar war.
Grund des Protests war die Weigerung des Orchesters, vor der Aufführung von drei neu einstudierten Konzerten Überstunden zu machen und fünf zusätzliche Proben einzulegen. Die Leitung des Konzerts lag bei Eliahu Inbal, der dann statt Mahlers schwieriger Neunter nur dessen Erste Symphonie dirigieren konnte.
Die Musiker beriefen sich auf ihren Arbeitsvertrag und kritisierten die „mangelnde Kommunikation“ mit dem spanischen Kulturministerium. Die Bilanz: Instrumentenkauf und -pflege gehen auf eigene Rechnung, 39 Stellen sind derzeit unbesetzt, und seit 11 Jahren hat das Spanische Nationalorchester keinen eigenen Dirigenten mehr.
Erfreulicheres ist aus Griechenland zu vermelden: In Athen freut man sich auf die Rückkehr der Olympischen Spiele an ihren Ursprungsort im Jahre 2004 und feiert vorab eine Kultur-Olympiade. Einer der Höhepunkte war die Uraufführung von Mikis Theodorakis’ Oper „Lysistrata“ am Sonntag.
Der 77-jährige Komponist hat die pazifistische Komödie des Aristophanes aus dem Jahr 411 v. Chr. in eine musikalische Friedenshymne umgewandelt. Bekanntlich zentrale Idee des Stücks: Frauen zwingen ihre Männer während des Bürgerkriegs zwischen Sparta und Athen mit einem „Sex-Dauerstreik“ (dpa) zum Friedensschluss. Giorgos Michailidis’ szenische Umsetzung: Nach tagelanger Verweigerung ihrer Frauen treten die Männer mit überdimensionalen erigierten Plastikpenissen auf. Vielleicht lässt sich hier noch etwas zur Lösung gegenwärtiger Konflikte lernen – wie wär’s, Mister Bush?
Zu guter Letzt noch eine Ehrung: An den Australier Glenn Murcutt geht der diesjährige Pritzker-Preis, der als „Nobelpreis der Architektur“ gilt. Murcutts Spezialität sind Wohnhäuser, die sich in oft ungewöhnlichen Formen der landschaftlichen Umgebung anpassen. Bauleute in der norddeutschen Tiefebene müssen enttäuscht werden: Keines der Bauwerke steht außerhalb Australiens.
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