unterm strich:
Michail Gorbatschow, Henry Kissinger, Douglas Hurd – politische Prominenz aus aller Welt hat sich im Händel-Haus in Halle schon in die Besucherliste eingetragen. Als Exbundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher noch im Amt war, hatte er es sich nicht nehmen lassen, ausländische Amtskollegen in seine Heimatstadt an der Saale einzuladen. Jährlich kommen rund 30.000 Gäste in das Gebäude, in dem am 23. Februar 1685 der große Barockkomponist Georg Friedrich Händel geboren wurde.
„Etwa die Hälfte der Besucher kommt aus dem Ausland“, sagt Direktor Edwin Werner, der sich mehr Zulauf aus der Region wünscht. Vor der Wende wurden in dem Museum bis zu 80.000 Gäste im Jahr gezählt. „Seitdem sind vor allem die Touristen aus Osteuropa weggeblieben“, sagt Werner. Die fliegen jetzt alle in den Süden. Was ja verständlich ist. In zehn Räumen können Museumsbesucher Händels Lebensweg verfolgen, Einblicke in sein gesellschaftliche Umfeld und sein kompositorisches Schaffen gewinnen.
Die Stadt Halle kaufte 1935 das Händel-Haus und eröffnete es 1948 als Museum. „Das Haus sollte keine reine Gedenkstätte werden. Händel-Nachlass war ohnehin kaum verfügbar. Stattdessen entstand ein Musikmuseum“, erläutert Edwin Werner. So zeichnet eine weitere ständige Exposition die über 1000-jährige Musiktradition in der Region Halle nach. Sie wurde unter anderem von Komponisten wie Samuel Scheidt, Wilhelm Friedemann Bach und Carl Loewe (Ortrud Beginnen selig hat gerne Lieder von ihm gesungen) geprägt.
Neben der Direktion der Händel-Festspiele hat hier auch die internationale Georg-Friedrich-Händel-Gesellschaft ihren Sitz ebenso wie die Redaktion der Hallischen Händel-Ausgabe, einer Neuedition aller Werke des Komponisten. Das Mammut-Vorhaben wurde 1955 als gesamtdeutsches Projekt gestartet. Fertig sein wollen die Wissenschaftler im Jahre 2023. Aber holla. Händel gibt es auch live. Regelmäßig gastieren Künstler aus aller Welt in dem mit modernster Akustik ausgestatteten Kammerkonzertsaal mit 130 Plätzen.
Kritisch sieht Werner die finanzielle Situation des Hauses. „Nach der Wende haben wir, um Nachholbedarf aufzuarbeiten, Mittel aus dem Substanzerhaltungsprogramm des Bundes bekommen. Nachdem das Haus aus dem Leuchtturmprogramm gestrichen wurde, sind wir auf die Stadt Halle angewiesen“, sagt er. Mit einem Jahresetat von 1,5 Millionen Euro erhält die selbst von Finanznöten schwer gebeutelte Kommune den Haushalt aufrecht. Werner hofft auf dauerhafte Zuwendungen vom Land, das an eine Stiftung denkt.
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