piwik no script img

unterm strich

Dies vorweg: Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet (Carl Schmitt).

Nun aber! Nationaler Notstand? Echt? Doch, doch, so steht es da. So schrieb am Wochenende das FAZ-Feuilleton. Deutschland wird „kaputt regiert“ und zudem ist es so, dass „die Instanzen der Kritik selbst auf dem wirtschaftlichen Spiele stehen“. Nur Harald Schmidt würde einfach den nationalen Notstand (wirklich, so steht’s da!) nicht erkennen und „weitermachen, weitermachen, weitermachen, als sei das Land noch immer das alte“. Da schwingt sich also das schwankende FAZ-Feuilleton zum Souverän auf, erklärt den Ausnahmezustand und watscht nebenbei Harald Schmidt ab. Eine gute Sache, wie wir finden. Schließlich gibt es viel zu viele Weitermacher, obwohl wir uns doch im nationalen Notstand (so steht’s wirklich da) befinden.

Zum Beispiel vergibt der Verband deutscher Schriftsteller in Niedersachsen/Bremen immer noch Literaturpreise! An Jochen Schimmang für seinen Roman „Die Murnausche Lücke“. Das darf nicht mehr sein, wo doch gerade die „Deutungsmächte unseres Landes … in die Milliardenlöcher des wackeren Hans Eichel plumsen“ (FAZ)! Was ist eine Murnau’sche Lücke schon gegen ein Milliardenloch?

Oder der Schriftsteller Urs Avnery! Der kümmert sich derzeit noch um Israel! War gestern dabei, als die israelische Schriftstellerin Gila Svirsky und die palästinensische Wissenschaftlerin Sumaya Farhat-Naser die mit 10.200 Euro (hübsche Summe übrigens) dotierte Hermann-Kesten-Medaille erhielten. Und sagte auch noch, dass es keine wirkliche Zusammenarbeit israelischer und palästinensischer Friedenskräfte gebe. Avnery: „Dies ist eine kaum zu erklärende Tragödie.“ Und dabei verschweigt er, was laut FAZ die wahre Tragödie ist: unseren nationalen Notstand!

Letztes Beispiel: Kronprinz Haakon von Norwegen! Der wird einfach zur Eröffnung des Nordischen Musikfestival am 23. November in Berlin erwartet, das zum ersten Mal in seiner 115-jährigen Geschichte im Ausland ausgerichtet wird. Fass, FAZ: Alles Weitermacher!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen