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unterm strich

Klein war er. Gedrückte Statur mit Halbglatze und Dreitagebart. Als „Macho der Nation“ unterhielt er uns in abendfüllenden Fließbandkrimis. Mal hieß er Roth, mal Peter Strohm, in Wirklichkeit Klaus Löwitsch. Sein wahres Leben begann nicht in der nebulösen Scheinwelt, in der seine Filmfiguren sich so wohl fühlten, sondern 1936, in einer großbürgerlichen Berliner Familie. Löwitsch besuchte das Reinhardt-Seminar in Wien, dort erhielt er sein erstes Künstlerhonorar als Balletttänzer an der Volksoper. Er zog nach München, spielte und inszenierte für das Theater, bis das Fernsehen Bedarf an einem raubeinigen James-Dean-Verschnitt anmeldete. Zweitklassige Filme verdrängten Löwitschs tragende Rolle in Literaturverfilmungen wie etwa in Horváths „Italienische Nacht“ aus dem Bewusstsein des Publikums. In Filmen wie „Mädchen – nur mit Gewalt“ konnte er sein schauspielerisches Talent nicht ausschöpfen. Alkoholprobleme waren die Folge. In den 70er-Jahren arbeitete er dann für Rainer Werner Fassbinder. Ob als Polizist, der in „Händler der vier Jahreszeiten“ eine Hure heiratet, oder als Kriegsheimkehrer in „Die Ehe der Maria Braun“: Die von ihm gemimten Figuren entzogen sich einem einseitigen Bewertungsschema. Sie waren weder gut noch böse, sondern gebrochen. In ihrer leisen, unaufdringlichen Art bildeten sie das Gegenstück zu den grob gezeichneten Männerfantasien der vorherigen Filme. Für seine Darstellung des Juden Rabinovicz im Gerichtsdrama „Das Urteil“ (1998) erhielt er den Adolf-Grimme-Preis. Doch ins Blitzlicht geriet er jetzt, weil er mit Haider oder der PDS kokettierte. In jüngster Zeit war nicht mehr seine Schauspielerei Anlass für Schlagzeilen, sondern Skandale um Gewaltausbrüche und sexuelle Belästigung. Zuletzt arbeitete er an einem Georg-Trakl-Hörbuch mit dem Titel „Offenbarung und Untergang“. Er konnte es nicht zu Ende bringen. Klaus Löwitsch starb am Dienstag an Krebs.

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