umweltschutz: Bequem in die Klimakatastrophe
Seit Juni gelten harte CO2-Emissionsgrenzen für die Fahrzeuge des Senats. Umweltsenatorin Lompscher fährt seither schadstoffarm. Doch ihre Kollegen zögern.
Berlins oberster Klimaschützerin geht schon nach wenigen Metern die Luft aus. Erst Ende Juni hatte Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke) harte Kriterien für den Schadstoffausstoß landeseigener Fahrzeuge verfügt. Doch das wird von den anderen Senatsverwaltungen weitgehend ignoriert. Nur zwei der seither sieben neuen Fahrzeuge laufen mit umweltfreundlichen Hybrid- beziehungsweise Erdgasantrieb. Die restlichen fünf laufen mit normalem Motor.
Per Rundschreiben hatte Lompscher für personengebundene Fahrzeuge Höchstwerte beim Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) genannt. Das Gas gilt als Hauptverursacher der Klimaerwärmung. Für sieben Fahrzeugklassen wurden Sollwerte von 105 bis 210 Gramm CO2 pro gefahrenem Kilometer festgelegt. Diese seien einzuhalten, heißt es in ihrem Schreiben. Ausnahmen solle es nur in Einzelfällen geben - aus technischen oder finanziellen Gründen. Dann gelte ein Musswert von je nach Klasse 120 bis 270 Gramm CO2 pro Kilometer. Es sei nicht zu verantworten, "dass wir die BerlinerInnen aufrufen, sich klimafreundlich zu verhalten, und die Verwaltung und deren politische Leitung Fahrzeuge benutzen, die mehr Schadstoffe ausstoßen als nötig", begründete Lompscher ihre Initiative.
Von beispielhaftem Vorgehen ist der Senat jedoch noch weit entfernt. Die Innenverwaltung prüft derzeit, "wie zumindest das Musskriterium durchgehend eingehalten werden kann", heißt es in der Antwort der Umweltverwaltung auf eine kleine Anfrage des FDP-Abgeordneten Henner Schmidt. Die strengeren Sollwerte hingegen werden als unerreichbar dargestellt.
Schmidt wollte wissen, ob Lompschers Rundschreiben befolgt wird. Gesicherte Angaben hat die Umweltverwaltung aber nur über das neue Auto der Senatorin. Die fährt mittlerweile einen Toyota Prius Hybrid, eins der schadstoffärmsten Fahrzeuge auf dem Markt. Daten über den CO2-Ausstoß der anderen Neuwagen kann Lompschers Verwaltung nicht nennen. Stattdessen betont ihre Pressereferentin Marie-Luise Dittmar nun, das Klimakriterium sei nicht das Einzige, das zur Entscheidung für einen Neuwagen führe: "Berlin ist auch ein Haushaltsnotlageland. Toyota zum Beispiel kann mit den Preisen deutscher Hersteller nicht konkurrieren."
Zudem würden zu wenig geeignete Fahrzeuge gebaut, meint die Umweltverwaltung. Das weist der Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller zurück. "Die Kriterien der Umweltsenatorin sind alle zu erfüllen", sagt Verbandssprecher Thomas Böhm. Kleinere Abstriche - etwa bei den Motorstärken - müsse man für den Klimaschutz eventuell in Kauf nehmen.
"Die Klimapolitik des Senats ist nur von symbolischen Handlungen geprägt", ärgert sich der Grünen-Abgeordnete Michael Schäfer. "Für die neuen CO2-Ziele gibt es ja nicht mal eine Kontrollinstanz." Die Anschaffung der Neuwagen beschließt die Leitung der jeweiligen Behörden. Und die genehmigt auch gleich die Ausnahmen von der CO2-Regel. Sanktionsmöglichkeiten hat die Umweltverwaltung nicht. Das sei "bei einem Rundschreiben nicht vorgesehen", heißt es in der Antwort an Schmidt. "Das ist alles sehr weich", bedauert der FDP-Abgeordnete. "Durchsetzungsschwächer kann eine Umweltsenatorin nicht sein", ergänzt Schäfer. "Das Umdenken muss noch Einzug halten. Bequemlichkeit und Geldsparen retten das Klima nicht."
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!