themenläden und andere clubs: Bodypainting ist voll Kunst
Und Höflichkeit ist eine Zier
Schon oft (zumindest einmal) wurde an dieser Stelle über verschiedene Anmachlines geschrieben. In Köln, der netten Kumpelstadt voller Marks & Spencer & Spex, durfte ich neulich noch eine neue Variante dazulernen.
Auf einer Party in einem mietbaren Eisenbahngleisschaffnerhaus stand ich erst ein bisschen alleine an der Wand und trank Kölschflöten leer. Danach versuchten meine Freundin und ich, wie „Eltern“ zu tanzen: so eine Mischung aus George Walker Bush und den Statisten, die in deutschen Vorabend-Krimiserien aus den 70ern im Hintergrund abzappeln müssen, wenn der Detektiv in einer Disco ermittelt. Nach ein paar Minuten hoppelte ein Kumpelkölner auf mich zu und sagte: „Ich würd dich gerne mal was fragen. Was warst’n du früher?“ – „Ein Mann“, sagte ich. Und damit hatte der Kumpelkölner diese Anmache wohl das letzte Mal versucht.
Aber auch in Berlin wird sich immer wieder weit aus dem Fenster gelehnt beim Ansprechen. Zum Beispiel im momentan viel geliebten „103“, in dem ich, seit ich diese neue Freundin habe (die einen schlechten Einfluss auf mich hat) begonnen habe, mich regelmäßig morgens herausfegen zu lassen. Vorgestern stand ich in dem großen Tanzraum und schaute den jungen Mädchen beim Wackeln zu. Das eine Mädchen trug sehr, sehr hotte Hotpants und hatte auf der linken Pobacke „Funky“, und auf der rechten „Groovy“ stehen (also nicht wirklich, aber es gibt eine Fernsehwerbung, in der man solcherlei bemalte Pobacken sieht). Als ich mir gerade überlegte, wie sich „Country“ und „Western“ auf meinen Hälften machen würden (es ist sogar Platz für mehr, etwa für „Verpoppte Klassik“ und „Verklassikter Rock“ oder „Gregorianische Gesänge“ und „Industrial-Acid-Breakbeat-Big Beat-Nu-Jazz-Folk-Balladen-Instrumental-Sound), sah und hörte ich, wie der Funky/Groovy-Arsch von einem Mann mit Afro angesprochen wurde. Ob sie nicht Lust habe, fragte der Mann, sich für eine Zeitung bodypainten zu lassen? Er zeigte ihr gleich ein Poesie-Album mit Fotos. Das Mädchen sagte: „Bodypainting ist echt nicht so mein Ding, tut mir leid.“ Er ließ jedoch nicht locker: „Ist aber doch voll Kunst.“ Das Mädchen wollte trotzdem nicht.
Wenn der Afromann gewusst hätte, mit welchen Gedanken ich mich gerade trug, hätte er mich bestimmt auch gefragt. Ich würde natürlich sofort mitmachen! Und mir außer „Verpoppte Klassik“ und „verklassikter Rock“ auf den Hintern noch das gesamte „John Maynard“-Gedicht von Theodor Fontane auf den Bauch painten lassen, dazu ein leckeres Stück Ziegengouda auf die Oberarme, einen leeren Zettel für Notizen auf die Elle, ganz viele Pickel ins Gesicht und auf den Rücken und eine Gefangenen-Fußkettenkugel an den Knöchel. Super würde das aussehen. Aber mich fragt ja keiner.
Eine andere Dame erzählte mir später am gleichen Abend, ein Mann habe sie just stehen gelassen, weil sie nicht, wie er wegen ihres exotischen Aussehens vermutete, aus Lateinamerika kommt, sondern nur aus Kasachstan. Versteh einer die Kerle. JENNI ZYLKA
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