taz-lab-Kolumne S(ch)ichtwechsel #6: Raus aus der Bubble

Wir flanieren mit unserer Autorin durch ihre Wohlfühloase, die Berliner Gropiusstadt.

Bunte Seifenblasen in einer belebten Fußgängerzone

In der Gropiusstadt gelingt unserer Autorin das Heraustreten aus ihrer Linken-Bubble besonders gut Foto: Boris Roessler dpa

Von CINDY ADJEI

In unserer taz-lab-Kolumne S(ch)ichtwechsel schreiben unsere Autor:innen wöchentlich über Klima und Klasse.

taz lab, 18.02.2022 | Ich höre mir gerne an, wie das Wochenende meiner Bekannten war. Wie sie in der Eckkneipe gleich nebenan Billard spielen oder in ein nahegelegenes veganes Restaurant gehen. Wenn dann die Gegenfrage kommt, was ich gemacht habe, fällt die Antwort oft anders aus.

Im Gegensatz zu vielen meiner Bekannten lebe ich im südlichen Teil von Berlin-Neukölln, genauer gesagt in der Gropiusstadt. Sie ist nicht wirklich hübsch, auch nicht aufregend oder ein „Geheimtipp“ für Touris.

Kompromissbereitschaft

Sie ist einfach eine Wohlfühloase für alle, die gleichzeitig die Anonymität der Stadt schätzen und herzliche Nachbarschaft; die gerne ein Großstadtfeeling wollen und trotzdem in kurzer Zeit im Grünen sein können. Dafür nehmen wir Gropiusstädter*innen es dann auch in Kauf, dass man in Cafés noch keine Hafermilch als Ersatz bekommt.

Was mache ich also, wenn ich keine Lust habe, in die Innenstadt zu fahren und das Interessanteste, das man hier machen kann, wohl ein Gang in die Gropius Passagen – ein Einkaufszentrum, das überwiegend Jugendliche und Senior*innen anzieht – ist?

Ich schnappe mir eine Freundin, wir holen uns einen Bubble Tea und spazieren los. Wir schlendern und beobachten: die neuen Blumenbeete und Insektenhotels, oder auch die gerade aufgestellten Outdoor-Sportgeräte.

Verschiedene Realitäten

Ab und an hört man Gesprächsfetzen von anderen mit. Überwiegend über die steigenden Preise im Supermarkt und fehlende Kitaplätze, aber oft auch über eine gewisse Müdigkeit darüber, zu arbeiten und zu arbeiten und am Ende des Monats doch kaum mehr finanziell abdecken zu können als das Nötigste.

Ich bewege mich inzwischen eher in der akademischen Mittelschicht, und da gibt es oft andere Themen.

Für mich ist es allerdings sehr wichtig, nicht zu vergessen, dass es neben meiner geliebten Linken-Bubble auch ganz viele andere Blasen gibt, in denen zum Beispiel Klimafragen kaum präsent sind. Nicht aus Ignoranz, sondern einfach, weil andere Belange drängender sind.