■ taz intern: Anzeigen in der taz
Vor einer Woche hat die taz eine Anzeige gedruckt, in der für die Vorzüge der Gentechnologie geworben wurde. Das hat uns eine Reihe empörter LeserInnenbriefe – und auch ein paar Abokündigungen – eingebracht.
Tatsächlich ist das Nebeneinander von Anzeigen und redaktionellem Text bei uns nicht so unproblematisch wie in anderen Zeitungen. In den Gründungsjahren wollte die taz gar keine Anzeigen – außer den Kleinannoncen ihrer Leser und Leserinnen. Das ist längst vorbei, denn irgendwann mußte auch die taz einsehen, daß eine anspruchsvolle Tageszeitung ohne Anzeigenerlöse nicht existieren kann.
Normalerweise finanzieren sich Zeitungen in Deutschland zu über 60 Prozent durch das Anzeigengeschäft. Das ist bei der taz noch längst nicht so. Lediglich 15 Prozent unserer Erlöse kommen daher. Und leider kann auch eine noch so treue Leserschaft, die sich an der taz-Genossenschaft finanziell beteiligt und zum Teil für ihr Abonnement einen hohen „politischen Preis“ zahlt, diese fehlenden Anzeigeneinnahmen nicht ausreichend ersetzen.
Unsere Blattreform vom letzten Herbst und die Einführung des wöchentlichen taz mag haben erfreulicherweise die Auflage um etwa 2.000 erhöht – wesentlich größere Steigerungen in kurzer Zeit, das wissen alle Zeitungsmacher, sind kaum realistisch. Deshalb sind sich die Leitungsgremien der taz, von der Geschäftsführung über den Vorstand der Genossenschaft bis zur Chefredaktion, in einem einig: Die taz braucht noch viel mehr Anzeigen, um die Zeitung und deren Wirtschaftlichkeit dauerhaft zu verbessern.
Manche Leser und Leserinnen fragen uns, ob das denn unbedingt Anzeigen sein müssen, die das Gegenteil von dem behaupten, was die taz immer geschrieben hat. Die uns zum Beispiel von den Segnungen der Gentechnik überzeugen wollen. Lassen Sie uns kurz erklären, warum wir das gar nicht schlimm finden. Die taz hat im vergangenen Jahr – wir haben das in unserem Archiv nachgeprüft – etwa 40 kritische Artikel zur Gentechnologie gedruckt. Daß vermutlich auch die überwiegende Mehrheit der taz-Leserschaft diese kritische Haltung teilt, macht uns natürlich attraktiv für die bezahlten Selbstdarstellungen einer Industrie, die (auch durch unser Zutun) in die Defensive geraten ist.
Die taz wählt Anzeigen nicht aus und stellt sich auch grundsätzlich nie hinter die Aussagen irgendwelcher Anzeigen. Wir prüfen allerdings vorher, ob sie rechtlich zulässig sind, und achten darauf, daß sie nicht gegen unsere seit vielen Jahren geltenden Richtlinien verstoßen: Rassismus, Militarismus oder Sexismus drucken wir nicht.
Klaudia Brunst, Michael Rediske
P.S. Wer befürchtet, wir ließen uns von unseren Anzeigenkunden die eigene Meinung abkaufen, sei auf die taz vom letzten Mittwoch hingewiesen. Die Wirtschaftsseite dort über die Strategien der Gentechnikbranche (anläßlich der Grünen Woche) ist bei uns weiterhin so selbstverständlich, wie es die bezahlte Anzeige in der vergangenen Woche werden sollte.
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