taz-adventskalender: Parole Emil!
Erich Kästner: "Emil und die Detektive", erstmals erschienen 1929
Wer etwas über Berlin lesen will, hat viel Auswahl. Die schönsten Schriftstücke stellt die taz bis Weihnachten täglich vor. Und es geht nicht nur um Bücher!
Jetzt aber nur nicht sentimental werden. Weil „dass es Leute gibt, die immer sagen: Gott, früher war alles besser, das wusste Emil längst. Und er hörte überhaupt nicht mehr hin, wenn jemand erklärte, früher sei die Luft gesünder gewesen, oder die Ochsen hätten größere Köpfe gehabt. Denn das war meistens nicht wahr, und die Leute gehörten bloß zu der Sorte, die nicht zufrieden sein wollen, weil sie sonst zufrieden wären.“
Das allerdings gilt auch für Angelegenheiten aus den Kindertagen, die nicht deswegen schon besser waren als heute, weil man früher halt selber jung und damit etwas frischer Ausschau hielt, was die Welt so zu bieten hat. Aber gute Bücher, die gab es früher eben doch.
Der wissende Emil übrigens ist der Halbwüchsige aus „Emil und die Detektive“, dem „Roman für Kinder“, mit dem der Erich „Es gibt nicht Gutes. Außer man tut es“ Kästner 1929 seinen ersten Hit gelandet hat: In alle gängigen Sprachen übersetzt, mehrfach verfilmt, sodass man den Inhalt eigentlich als bekannt voraussetzen darf. Nur kurz: Besagter Emil reist nach Berlin. Mann mit steifem Hut klaut sein Geld. Bande von Halbwüchsigen heftet sich an dessen Spur. Spoilerwarnung: Dieb wird gestellt.
Das alles ist in einem saloppen Ton erzählt, schnoddrig, mit Sätzen wie kleine neckende Kinnhaken. Man spürt, dass es auch wehtun könnte. Das lässt sich tatsächlich selbst mit Genuss lesen, wenn man gar nicht das Zielpublikum und überhaupt kein Kind mehr ist.
So darf man sogar ein wenig sentimental dabei werden, weil das der olle Kästner wohl auch gewesen ist beim Schreiben von Szenen wie dem Treffen zwischen Emil und dem Gustav mit der Hupe. „Sie gaben sich die Hand und gefielen einander ausgezeichnet.“ Das blutsbrüdert schon fast wie bei Winnetou und Old Shatterhand. Einerseits. Wer aber andererseits nicht so ein heißes Gefühl bekommt beim Lesen von der grundlegenden und unmittelbaren Solidarität, mit der sich die Halbwüchsigen in dem Buch begegnen, wenn Emil die Detektive um sich schart, der braucht auch nicht „Das fliegende Klassenzimmer“ von Kästner zu lesen.
Detektive übrigens. Detektivinnen gibt es in dem Buch nicht. Auch Kästner konnte nicht aus seinem Anzug raus.
Und wer das Buch gar nicht lesen will, schaut sich einfach das Cover an mit den zwei Jungs hinter der Litfaßsäule und dem Mann mit dem steifen Hut. Das Bild von Walter Trier. Ein moderner Klassiker. Mit diesem sich so wunderbar weitenden Gelb als Grund. Man kann sich darin verlieren. Thomas Mauch
Berlin-Faktor: „Die Hochbahn donnerte vorüber. Die Untergrundbahn dröhnte“
Taugt als Weihnachtsgeschenk für: Neffen und Nichten jeden Alters
Kunden, die das kauften, kauften auch: „Das fliegende Klassenzimmer“
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