taz-Ticker von der Walpurgisnacht: Groß und friedlich
Die Demo im Wedding ist vorbei. Laut taz-Schätzung nahmen rund 4.000 Menschen teil, weit mehr als gedacht. Bis auf wenige Steinwürfe blieb die Demo ruhig. Wie schon der gesamte Tag.
Das war's: Eine große Demo mit mehr Teilnehmern als gedacht, zufriedene Polizisten und Veranstalter und eine friedliche Nacht – wie es der Tag schon war. Wir verabschieden uns für heute Abend und danken für die Aufmerksamkeit. Am Dienstag geht es um 12 Uhr weiter, mit einem Liveticker zu den 1.-Mai-Ereignissen aus Berlin und Hamburg. Gute Nacht!!!
00.10 Uhr: Geld holen wird schwierig
Rathaus Wedding/Müllerstraße. In der Luft kreist noch immer ein Hubschrauber, der Straßenverkehr läuft wieder an, Polizeiautos rauschen in den Feierabend, die Banken bleiben bis Morgen um 8:00 Uhr geschlossen – aus „technischen Gründen“. Geld holen wird heute Nacht schwierig im Wedding.
00.00 Uhr: „Wurden Sie schon geschlagen?”
Müllerstraße/S-/U-Bahnhof Wedding. Wieder eine Polizeidurchsage, dass die Veranstaltung seit 23 Uhr beendet ist und man sich in Kleingruppen zu den öffentlichen Verkehrsmitteln begeben möge. „Vielen Dank für ihr Verständnis.“
Ein Mann hat überhaupt kein Verständnis. Er redet auf einen Beamten ein, der „Anti-Konflikt-Team“ auf seiner neongelben Warnweste stehen hat. Nicht alle Beamten trügen eine Nummer, beschwert er sich. Hinten auf dem Rücken, sagt der Beamte. „Wenn mir einer auf die Fresse hat, sehe ich den Rücken nicht“, sagt der Mann. „Wurden Sie heute schon geschlagen?“, fragt der Polizist. „Nein“, sagt der Mann. „Aber kann ja noch passieren.“
23.30 Uhr: Zugriff an der Müllerstraße
Müllerstraße. Am S-Bahnhof Wedding hatte sich die Lage gerade beruhigt, da stürmen Polizisten auf eine kleine Frau zu und führen sie ab. Kurz empören sich die Herumstehenden, dann wird es wieder ruhig. Ein Mann sagt: „Scheiße, das war meine Freundin.“
23.23 Uhr: Ruhiger Polizeitag
Müllerstraße. Die Polizei hatte offenbar einen ruhigen Abend. Ein Sprecher spricht von „vereinzelten, folgenlosen Flaschen- und Steinwürfen“, Festnahmen gab es keine. Die Demonstranten zerstreuen sich nach Ende der Demo, einige gehen wohl auch nach Hause, sagt die Polizei.
23.17 Uhr: Gerangel und Hubschrauber
Müllerstraße/Luxemburger Straße. Demonstranten in der vordersten Reihe rufen: „Policia, Assassini“. Es gibt ein kurzes Gerangel zwischen Polizisten und Demonstranten. Einige Demonstranten wechseln offenbar auf die andere Straßenseite, jenseits des Grünstreifens. Ein Hubschrauber ist zu hören. Die Polizei gibt durch: „Die Veranstaltung ist beendet, wir bitten Sie in Kleingruppen das Gebiet zu verlassen.“
23.16 Uhr: Durchmischungsstrategie
Kaum ist die Demonstration beendet, laufen Polizeieinheiten in die Menschenmengen. Das erinnert an eine Polizeistrategie, die die Beamten auch im vergangenen Jahr konsequent angewandt haben - die sogenannte „Durchmischung“, mit der verhindert werden soll, dass sich große Menschenmengen zusammenrotten. Dabei laufen Hundertschaften immer wieder kreuz und quer durch die Massen. In den vergangenen Jahren sorgte dies wiederholt für Ärger - weil Beamte dabei gern den Weg freischubsten und Umherstehende dies als Provokation empfanden.
23.10 Uhr: Demo beendet
Müllerstraße. Das war ein Stein: An der Müllerstraße segelt ein einzelner Stein gegen die Glasfassade der türkischen Is-Bank. Die Scheibe zersplittert, hält die Widerstandsgeste jedoch aus. Auf mittlerer Höhe des Demonstrationszuges, an der Müllerstraße, Ecke Luxemburger Straße, verabschiedet sich der Mann am Lautsprecherwagen von den Demonstranten.
„Zum Abschluss gibt es noch einen Evergreen aus der Jukebox der Revolutionsmusik.“ Ton Steine Scherben. Dann erklärt der Mann die Demonstration offiziell für beendet. Geht es nach Zählung der Veranstalter, so sollen sich bis zu 6.000 Menschen an der Demonstration beteiligt haben.
23.05 Uhr: Es regnet
Müllerstraße. Die Strategie der Polizei ist deutlich zu erkennen. Zwar sind an einigen Straßenkreuzungen immer wieder Polizeieinheiten versammelt, der Demozug selbst wird aber nur am Anfang und am Ende von Polizisten begleitet, die Polizeipräsenz in unmittelbarer Nähe zu den Demonstranten ist verhältnismäßig gering. Der Berliner CDU Innensenator Frank Henkel hatte zuvor angekündigt, an der Polizeistrategie der vergangenen Jahre festzuhalten. Diese lautet: Zurückhaltung, aber konsequenter Eingriff bei Gewalt.
Nach den hochsommerlich heißen Tagen fängt es nun zu regnen an.
23.03 Uhr: Demonstranten vs. Polizei
Müllerstraße, Höhe Karstadt. Die Demonstranten haben Ketten gebildet, die Polizei hat die Straße mit rund hundert Beamten gesperrt. Die Polizisten laufen auf die Demonstranten zu.
22.50. Uhr: Video vom Demoende
22.45 Uhr: Flaschen lassen Polizei kalt
Empfohlener externer Inhalt
Wedding. Die Nachrichtenagentur dpa meldet vereinzelte Flaschenwürfe gegen Polizeiautos. Augenzeugen hätten aber keine Schäden beobachtet, auch die Polizei halte sich zurück.
22.45 Uhr: Praktische Solidarität
Antwerpener Straße/Ostender Straße. Das ist ein Hinweis darauf wie es weitergehen könnte: An der Ostender Ecke Antwerpener Straße knien vier Vermummte auf dem Boden und lockern Pflastersteine aus dem Bürgersteig. Vorbeiziehende Demonstrabten rufen „Solidarität muss praktisch werden – Feuer und Flamme den Abschiebebehörden.“
22.40 Uhr: Der „rote Wedding“ lebt ein wenig
Wedding. „Siehste, der rote Wedding ist doch noch nicht tot“, sagt ein Mann, Mitte 50, zu seinem Begleiter. Er hat ein schwarzes Sakko an, trägt ein schwarzes Hemd und raucht eine Zigarette. Um ihn herum skandieren die Menschen kraftvolle Parolen, auf vielen Balkonen stehen die Anwohner und schauen aus dem Fenster. Einzelne von ihnen schwingen die rote Fahne und klatschen den Demonstranten zu.
22.25 Uhr: Feuerwerk in der Sprengelstraße
Sprengelstraße/Ecke Torstraße. Am Ende der Sprengelstraße stehen Autonome auf einem Häuserdach und halten bengalische Feuer in die Höhe. Ein rotes Leuchtfeuer erhellt den Himmel. Aus der Demo kommt spontaner Jubel, Applaus und mehr Parolen.
22.20 Uhr: taz vs Polizei
Burgsdorfstraße. Die letzten Demonstranten biegen in die Burgsdorfstraße ein. Nach taz-Schätzungen beteiligen sich derzeit rund 4.000 Demonstranten an der Demonstration. Das ist weit mehr als gedacht. Gerechnet hatte die linke Szene mit rund 1.500 Demonstranten. Die Polizei schätzt die Zahl der Teilnehmer derzeit auf 1.100 („Wir liegen deutlich drunter“). Bisher sei noch nichts Schlimmes passiert. „Alles ruhig, bis auf die Parolen“, sagte ein Sprecher taz.de.
An dieser Stelle auch einmal Grüße an die Polizei, die sicherlich auch hier mitliest. Das hat sie jedenfalls in der Vergangenheit stets getan.
22.10 Uhr: Stille in Kreuzberg
Mariannenplatz. Alles ruhig in Kreuzberg. Am Strassenrand liegt ein Stapel rot-weißer Absperrgitter – die braucht hier aber keiner. Es ist dunkel und still rund um den Platz. Richtig Stimmung ist nur in der „Alt-Berliner Eckkneipe“. Auch in der nahen Oranienstraße geht es gelassen zu: Die Menschen sitzen vor den Cafės und Pizzerien, der Verkehr läuft flüssig, auf dem Gehweg torkelt ein Rockerpaar Richtung Kotti, keine Polizei weit und breit.
22.10 Uhr: „Hoch die internationale Solidarität“
Müllerstraße. Die Demo bewegt sich mit schnellem Tempo. Die Protestierenden rufen: „Ganz Berlin hasst die Polizei“, „Alerta, Alerta, Antifaschista“ und „Hoch die internationale Solidarität“.
21.59 Uhr: Es geht los
Müllerstraße. Der Demonstrationszug setzt sich in Bewegung. Die Polizei schätzt die Zahl der Teilnehmer auf knapp unter Eintausend, unsere Reporter vor Ort gehen aber von mindestens 2.000 Protestierenden aus.
21.45 Uhr: Das Maul aufgerissen
Müllerstraße. „Hände weg vom Wedding!“ steht auf dem vordersten Transparent des Demonstrationszuges, der noch steht, aber sich nun nach und nach formiert. Ein blaues Monster darauf reißt das Maul soweit auf, als wollte es die Protestierenden fressen. Die reißen ihrerseits das Maul auf – und skandieren: „Ganz Berlin hasst die Polizei.“
21.40 Uhr: Gegen Arschlöcher und Nazis
Gerichtstraße/Adolfstraße. Das Konzert ist vorbei. Von der Bühne aus der Aufruf, jetzt zur Demo zu gehen. „Den Arschlöchern zeigen, wo der Hammer hängt.“ Und morgen, so schallt es den Demonstranten entgegen, sollen sie die NPD-Kundgebungen stören: „Die werden ihre scheiß Kundgebung nirgends durchführen können.“
21.34 Uhr: Grillen im Görli
Görlitzer Park. Während sich im Wedding die Antifa bereit macht zur Demo wird in Kreuzberg gechillt. Im Görlitzer Park wird gegrillt, Gitarre und Flunky-Ball gespielt. Richtig viel los ist nicht mehr, der Park liegt im Dunkeln. Keine Polizei weit und breit, dafür fängt der aufkommende Wind zu stören an. (Jackenpflicht!)
21.30 Uhr: Farbklekse an der Arbeitsagentur
Müllerstraße. Die Zivilpolizei ist bereit, die behelmten Beamten sind es auch. Am S-Bahnhof Wedding formiert sich in dieser Minute der Demonstrationszug. Die obligatorischen Antifafahnen sind reichlich präsent und die Masse der Demonstranten ist noch unübersichtlich. Aber es dürften inzwischen mehr als 1.000 Menschen versammelt sein. Nur wenige Meter von hier hat die Arbeitsagentur ihren Sitz. Sie war in der letzten Nacht schon Objekt des Interesses widerständigen Handelns geworden: Die gläsernen Eingangstüren sind zersplittert und bunte Farbbeutelklekse zieren die Fassade. Heute wird ihr besonderer Schutz durch die Polizei zuteil.
21.30 Uhr: Entspannt feiern im Mauerpark
Mauerpark. Im Mauerpark ist die Stimmung wie immer: Es wird getrommelt, auf dem Basketballplatz ist Lagerfeuer, aus Plastikbechern wird Bier getrunken. In kleinen Trauben feiern hier rund 1.000 Menschen während die Polizei entspannt spazieren geht.
21.20 Uhr: Gleich geht's los
Gerichtsstraße. Soll man es Punkrock nennen oder Geschrei? Wie auch immer: nach besinnlicher Abendstimmung hört sich die Bühnenperformance in der Gerichtsstraße im Wedding noch nicht an. „Wir sind kurz vor dem Ende“, ruft der Frontmann der Hardcore Band „Crushing Caspars“ ins Mikrofon. Noch einmal wackelt der Bühnen-LKW. Die Veranstalter packen schon ihre Sachen zusammen und wollen dann die Konzertveranstaltung offiziell auflösen. Es ist inzwischen dunkel.
Einzelne Grüppchen tingeln langsam los in Richtung S-Bahnhof Wedding. Dort sollte eigentlich um 21 Uhr die Demo starten, auf die Sicherheitsbehörden in Berlin mit Spannung blicken. Sie könnte heute Abend ein Gradmesser für die Stimmung für morgen rund um den 1. Mai in Kreuzberg sein. Berlins neuer CDU-Innensenator Frank Henkel und die Sicherheitsbehörden gaben sich im Vorfeld der Maifestspiele allerdings betont entspannt.
21.20 Uhr: Hallo BZ, guten Abend Tagesspiegel
Die Kollegen von der BZ sind auch dabei mit einem Liveticker. Ebenso wie der Tagesspiegel. Lieben Gruß aus der Rudi-Dutschke-Straße!
21.15 Uhr: Demobeginn verzögert
Eigentlich sollte die Demo am U-Bahnhof Wedding um 21 Uhr beginnen. Doch der Start verzögert sich.
20.45 Uhr: Gut 1.000 Teilnehmer im Wedding
Wedding. Die taz-Reporter schätzen, dass kurz vor Demobeginn im Wedding rund 1.000 Protestierende vor Ort sind. In wenigen Minuten soll der Demozug unter dem Motto „Nimm was dir zusteht“ beginnen. Noch läuft das Konzert.
20.45 Uhr: Mythologie im „roten Wedding“
Wedding. „Der rote Wedding“ – das ist die selbstbewusste Zuschreibung, mit der Arbeiter in Berlin seit langem liebevoll ihren Kiez bezeichnen. Das Stadtviertel, auf dem in dieser Walpurgisnacht der Fokus der Öffentlichkeit liegt, ist ein traditioneller Arbeiterkiez, der historisch geprägt ist von Arbeitern und Geringverdienern. In einem Arbeiterkampflied, komponiert von Hanns Eisler, getextet von Erich Weinert, wird mit dem „roten Wedding“ dem sogenannten Blutmai gedacht, bei dem Anfang Mai 1929 in Berlin mindestens 32 Menschen von Berlin erschossen wurden, davon zahlreiche im Wedding.
Erich Weinert wurde 1931 wegen dieses Liedes verklagt – unter anderem wegen „Aufreizung zum Klassenhass“. Dass die Walpurgisnacht, die seit Jahren geprägt ist von Auseinandersetzungen mit der Polizei, in diesem Jahr in diesem Stadtviertel stattfindet, beruht also auch auf einem Teil mythologischer Folklore.
Allerdings nicht nur: Der Kiez, der heute überwiegend türkisch geprägt ist und eine der höchsten Dichten an Hartz-IV-Empfänger der Hauptstadt hat, hat in einigen Gebieten in den letzten Jahren einen starken Zuzug von Studenten und Kreativen zu spüren bekommen. Die Stadt versucht außerdem, junge Modeschaffende im Wedding anzusiedeln. Dementsprechend sind in manchen Gebieten die Mieten in den letzten Jahren gestiegen.
20.30 Uhr: Botschaften auf der Brust
Gerichtstraße. Wer wissen will, was für Leute hier sind, muss auf die T-Shirts schauen: Vertreten sind vom hippiemäßigen „Spread love“ über das flüchtlingsfreundliche „Kein Mensch ist illegal“ bis zum antirasssistischen „Good night white pride“ viele Statements aus dem linken Spektrum. Auch eine verbal härtere Fraktion ist vertreten: „Anticops. Berlin Hardcore“ und „Die Yuppie Scum“. Und wem das passende T-Shirt fehlt, der kann sich eines von denen kaufen, die auf dem Gehweg angeboten werden. Darauf gedruckt sind die Konterfeis von Rosa Luxemburg und Salvador Allende.
20.15: Kopftuch und Irokesenschnitt
Nettelbeckplatz. Es sind zwei Communities mit recht unterschiedlichem Fanpotenzial. Bei den einen herrscht das Kopftuch vor, die anderen bevorzugen gerne einen Irokesenschritt. Beim vierten Kulturfest am Nettelbeckplatz, nur wenige Meter vom 1. Mai-Brimborium entfernt, hat der benachbarte Weddinger Moscheeverein zu Kebap und Wasserspielen eingeladen. Das ist auch ein Ausdruck dieses Berliner Kiezes: Sie stehen zwar nur in Sichtweite voneinander entfernt, aber sind sich doch nicht wirklich nahe.
19.55 Uhr: Essen gegen Spende
Gerichtstraße. Inmitten des abgesperrten Konzertbereiches hat die „Abfallküche“ ihren Stand aufgebaut: Zwei Lastenfahrräder mit Brett über dem Gepäckträger. Eine junge Frau schöpft Reis, Gemüsecurry und Salat auf Plastikteller. Sie haben schon auf dem Occupy-Camp gekocht und auf Anti-Acta-Demos, erzählt Pippa, 24, in einer Mischung aus Deutsch und Englisch.
Das Essen holen sie aus Supermarkt-Containern oder lassen es sich schenken. Ausgabe gegen Spende. Pippa kommt aus Liverpool und wohnt seit sechs Monaten im Wedding, sie hat ein Praktikum gemacht und jobbt. „Die Gentrifizierung verläuft hier so schnell“, sagt sie. Sie hat von Mietern im Kiez gehört, die 20 Jahre in ihrer Wohnung sind und jetzt dreimal soviel Miete zahlen sollen. Deshalb will sie heute gegen Gentrifizierung demonstrieren.
19.35 Uhr: Taschenkontrollen und Flaschenverbot
Mauerpark. Im Mauerpark im Prenzlberg feiern am Abend bereits mehr als 1000 Menschen. Dort sowie bei der Demo im Wedding kontrolliert die Polizei Taschen und Rucksäcke. Es gilt ein Verbot von Glasflaschen. Sie waren in früheren Jahren auch als Wurfgeschosse gegen Polizisten eingesetzt worden. Großflächige Parkverbote wurden eingerichtet, im Mauerpark durfte nicht gegrillt werden. (dpa)
19.30 Uhr: Mehr Musik als Politik
Wedding. Musik dröhnt aus den Lautsprechern. Immer mehr Menschen strömen in den Wedding. Hier gibt es diese Protestveranstaltungzum ersten Mal; in den vergangenen Jahren wurde sie meist in Friedrichshain ausgerichtet. Viele singen, lachen und tanzen. Politische Reden gibt es kaum. (dapd)
19.20 Uhr: „Hier wird offen gekifft“
Gerichtsstraße. Das Rentnerehepaar huscht über den Platz an der Gerichtsstraße in Berlin-Wedding an wild tanzenden Jugendlichen vorbei. Eigentlich wollten die Eheleute am Montagabend noch schnell einkaufen. Doch die meisten Geschäfte haben zu dieser Zeit bereits geschlossen. Der 71-Jährige schaut zurück und bemerkt: „Hier wird offen gekifft, ich kann nicht erkennen, dass diese Veranstaltung etwas mit Arbeiterinteressen zu tun hat.“ (dapd)
19.15 Uhr: Plastikbecher von Polizisten
Gerichtstraße/Adolfstraße. Die Polizisten sind so nett und verteilen Plastikbecher, in die man sein Bier oder seine Clubmate umfüllen. Denn Glasflaschen sind beim Konzert, das vor der Demo stattfindet, verboten. Mehr als 600 Leute sind da, die meisten zwischen 20 und 30 Jahre alt, aber auch ein paar ältere Punks und Kinder. „Schön, dass ihr da seid, Leute“, ruft der Mann auf dem Bühnen-LKW, „Ich bin Holger Burner aus Hamburg, ich mach Klassenkampf-Rap.“ Er liest eine Erklärung vor: Genterfizierungs-Definition und was das für den Wedding bedeutet. Die Müllerstraße drohe zur zweiten Kastanienallee zu werden, „da kommt mir nur das Kotzen.“
18.30 Uhr: Sommerliche Feierstimmung
Berlin. Nicht nur im Wedding wird heute gefeiert und demonstriert. Auch im Mauerpark haben sich am frühen Abend schon über 1.000 Feierfreunde versammelt. Die Polizei ist vor Ort. Bisher sei die Stimmung bei sommerlichen Temperaturen „friedlich und entspannt“.
Auch im Görlitzer Park und in der Hasenheide haben sich jeweils mehrere hundert Menschen versammelt. Die Polizei ist auch hier vor Ort. (taz/dapd)
18.20 Uhr: Gespannte Ruhe
S/U-Bahnhof Wedding / Müllerstraße . Entlang der Müllerstraße stehen mehrere Dutzend Polizeimannschaftswagen. Die Polizisten warten auf ihren Einsatz, manche haben schon ihren Körperpanzer angelegt. Einige Läden schützen die Schaufenster mit Bretten, nicht so der Möbelladen direkt gegenüber dem U-Bahn-Eingang. Stattdessen hängt hier Zettel, auf dem in roter Schrift steht: „Der 1. Mai ist auch unser Fest!“
17.50 Uhr: Friedlicher Protestbeginn
Berlin. Begleitet von einem massiven Polizeiaufgebot haben am Montag in Berlin die ersten Protestaktionen linker Gruppen zum 1. Mai begonnen. Zum Auftakt starteten am Nachmittag Demonstranten eine „Antikapitalistische Walpurgisnacht“ im Wedding, bei der vor allem gegen die Verdrängung von Anwohnern durch steigende Mieten protestiert wurde. Am Abend wollten Autonome durch das Viertel ziehen. Erwartet werden bis zu 1.500 Teilnehmer. Ab 21.00 Uhr wollten sie unter dem Motto „Nimm was Dir zusteht“ durch den Wedding ziehen.
Die Organisatoren des Protestzuges durch den früheren Arbeiterbezirk schlossen Sachbeschädigungen nicht aus. Parallel dazu war ein Fest im Mauerpark im Bezirk Prenzlauer Berg geplant, bei dem in den 1. Mai hineingefeiert werden sollte.
Schon vor Beginn der Veranstaltungen den Protestaktionen kam es zu kleineren Zwischenfällen. So beschädigten rund 25 vermummte Steinewerfer in der Nacht zum Montag eine Bankfiliale, ein Jobcenter wurde mit Farbeiern beworfen. Der Staatsschutz ermittelt. In der Nacht zum 1. Mai gab es in den vorigen Jahren immer wieder Krawalle von jungen Linksautonomen in Berlin.
Innensenator Frank Henkel machte sich am Nachmittag ein Bild von der Lage. Der CDU-Politiker rief die Demonstranten erneut zu gewaltfreien Protesten auf. „Alle haben Anspruch auf einen friedlichen 1. Mai“, sagte Henkel. Rund um die Walpurgisnacht und den Tag der Arbeit sichern etwa 7.000 Polizisten Kundgebungen und Veranstaltungen ab. (dpa/dapd)
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Wir berichten heute bis in die Nacht von der Walpurgisnacht in Berlin und morgen vom 1. Mai in Berlin und Hamburg.
Am Montag für uns auf der Straße sind taz-Reporter Sebastian Erb, Jasmin Kalarickal und Martin Kaul.
In der Berliner Zentrale kümmern sich Lalon Sander und Paul Wrusch um den Liveticker.
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