taz-Genossenschaftsversammlung: Gewinn trotz sinkender Auflage
Die taz erhöht ihren Umsatz und die Gehälter der Mitarbeiter. Eine Reform der Samstagsausgabe soll zusätzliche Leser bringen.
BERLIN taz | Die taz schreibt schwarze Zahlen: „Wir haben tatsächlich drei gute Jahre, drei Jahre mit Gewinn hinter uns“, sagte Verlagsgeschäftsführer Karl-Heinz Ruch am Samstag auf der Jahresversammlung der taz-Genossenschaft. Auch der Umsatz steigt. Das sei „nicht so selbstverständlich in der Geschichte der taz“.
Gleichzeitig geht es jedoch mit den Abozahlen bergab: Nur noch 47.068 Leser abonnieren die Zeitung täglich – ein Verlust von mehr als 1.700 in einem Jahr.
Aber wie passt das mit den steigenden Einnahmen zusammen? Erstens verlangt die taz von ihren weniger werdenden Lesern mehr Geld, die Abopreise stiegen zuletzt im März 2011. Und für Oktober ist die nächste Preiserhöhung angekündigt: Das Abo zum Standardpreis und zum Politischen Preis wird zwei Euro teurer, nur das ermäßigte Abo kostet weiterhin 23,90 Euro.
Und der zweite Grund für den Gewinn: Neben dem täglichen Abo hat die taz vor zwei Jahren auch ein Wochenendabo eingeführt. Mit Erfolg: Mehr als 7.000 Menschen bekommen die taz nun einmal pro Woche.
Die Abo-Einnahmen, die zwei Drittel der Gesamteinnahmen ausmachen und damit das wirtschaftlich wichtigste Standbein der taz sind, stiegen im Jahr 2011 um 800.000 Euro auf 18,1 Millionen Euro. Die taz konnte so die Gehälter leicht erhöhen, ein paar zusätzliche Stellen schaffen – und am Ende blieb immer noch ein Gewinn von 288.000 Euro.
Eine Rendite für die Mitglieder der taz-Genossenschaft gibt es trotzdem nicht: Die taz hat in der Vergangenheit so häufig rote Zahlen geschrieben, dass sich ein Bilanzverlust von mehr als 8 Millionen Euro angesammelt hat. Wer daher seinen Genossenschaftsanteil, der 500 Euro kostet, jetzt wieder an die taz zurückgibt, bekommt nur 413 Euro ausgezahlt.
Altersdurchschnitt: 55
Zahlen zur Leserschaft legte Bernd Blöbaum vor, Professor am Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Münster. „Die Leser altern schneller als die taz“, so sein Ergebnis regelmäßiger Leserbefragungen. 1993 war ein Drittel der Leser der gedruckten Ausgabe zwischen 20 und 30 Jahren alt, nur 1 Prozent war älter als 60.
Dieses Verhältnis hat sich umgedreht: Jetzt sind nur noch 2 Prozent der Leser zwischen 20 und 30, dafür aber 36 Prozent über 60 Jahre alt. Wer die taz täglich im Abo liest, ist heute im Durchschnitt 55 Jahre alt. „Immerhin jünger als die ZDF-Zuschauer“, sagte Blöbaum.
Deutlich jünger sind dagegen die Leser von taz.de: 37 Jahre im Schnitt. Online erreicht die taz auch deutlich mehr Menschen: rund eine Million pro Monat. Allerdings sind für die taz damit zu wenige Einnahmen verbunden.
Wenn die taz auf Dauer überleben will, muss sich das ändern – etwa über höhere Online-Werbeeinnahmen oder indem mehr Internet-Leser zu zahlenden Abonnenten werden.
Programm-Beilage
In Berlin soll das mit einem reformierten Lokalteil gelingen. Ab November erscheinen unter der Woche nur noch vier statt acht Lokalseiten. Der derzeit noch täglich abgedruckte Service-Teil mit Veranstaltungskalender und Kinoprogramm wandert in eine Beilage, die jeden Donnerstag erscheint.
Und am Samstag wächst der Umfang auf zwölf Seiten Lokales. Dort stehen dann mehr „Themen, die über die Woche tragen und nicht nur an einem Tag aktuell sind“, sagte die stellvertretende Chefredakteurin Sabine am Orde.
Und auch überregional wird sich die Samstagsausgabe ändern, allerdings erst im April nächsten Jahres. Das Ziel sei, am Wochenende nicht nur im Wochenendmagazin sonntaz, sondern auch auf den vorderen Seiten mehr Hintergrundberichte zu haben, sagte Chefredakteurin Ines Pohl.
Planung hat begonnen
Da jedoch eine hausinterne Arbeitsgruppe jetzt erst mit der Planung beginnt, konnte Pohl noch nicht konkret sagen, was sich ändern wird.
Was diesmal auf der Genossenschaftsversammlung völlig fehlte, war der sonst übliche Streit. In den vergangenen Jahren hatten zum Beispiel Auslandskorrespondenten gegen eine Honorarkürzung protestiert, die Lokalredaktion NRW gegen ihre Schließung oder einzelne Genossen gegen den Abdruck von Anzeigen der Atomindustrie.
Diesmal aber: keine strittige Abstimmung, keine stickige Luft, keine stichelnden Bemerkungen. Stattdessen eine Diskussion mit den Genossen über die Zukunft der taz und Freude über das Ergebnis der Geldsammlung für vier linke Zeitungsprojekte in Uruguay, Tschechien, Schweden und der Türkei, denen die taz-Leser 72.550 Euro spendeten.
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