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taz-Diskussion über EnergiewendeEnergie intelligent erzeugen

Die taz-GenossInnen diskutieren auf ihrer Jahresversammlug mit Umweltminister Peter Altmaier und Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin über die Energiewende.

Der Ex-Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) auf der taz-Bühne mit seinem amtierenden Nachfolger Peter Altmaier (CDU). Bild: Julia Baier

BERLIN taz | Werden die Stromkosten explodieren? Wird die Energiewende die Industrieunternehmen aus Deutschland vertreiben? Oder wird es der schwarz-gelben Koalition gelingen, auf Ökostrom umzustellen, ohne die Kosten aus dem Ruder laufen zu lassen?

Die brennenden Fragen der Energiewende haben Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin mit Ursula Sladek, Geschäftsführerin der Elektrizitätswerke Schönau, und Ex-taz-Kolumnist Martin Unfried am Samstag auf einer Podiumsdiskussion diskutiert, mit der die taz die Mitgliederversammlung der Genossenschaft eröffnet hat.

„Ich habe mich entschieden, für die Energiewende zu sein“, sagt Umweltminister Altmaier. „Wenn sie in Deutschland gelingt, wird sie weltweit nicht mehr aufzuhalten sein.“ Was einmal ein Projekt der Grünen war, das hat sich nun die schwarz-gelbe Bundesregierung zu eigen gemacht. Allen voran geht CDU-Mann Altmaier, der mit seiner offenen Art auch bei den taz-GenossInnen ankommt.

Von Altmaiers Entschlossenheit lässt sich Jürgen Trittin jedoch nicht beeindrucken. Der Minister knicke vor der Industrielobby ein, kritisiert der Grünen-Fraktionschef, nur weil diese gegen die Lasten durch den Ausbau der erneuerbaren Energien wettere.

„Die hohen Kosten für die Verbraucher liegen an den vielen Ausnahmen für die Industrie“, kritisiert Trittin.

Denn energieintensive Unternehmen können sich von der Umlage für das Erneuerbare-Energien-Gesetz befreien lassen – und diese Sonderregelung ist von Schwarz-Gelb massiv ausgeweitet worden, so dass sich große Teile der Industrie im Gegensatz zu Privatkunden nicht mehr an den Ökostrom-Kosten beteiligen müssen.

Auch Trittin für Ausnahmen

Trittin streitet allerdings nicht ab, dass es Ausnahmen für energieintensive Betriebe geben muss. Er selbst habe solche Ausnahmen eingeführt, sagt der Ex-Umweltminister – allerdings „nur für wirklich energieintensive Unternehmen“.

Die schwarz-gelbe Bundesregierung befreie hingegen pauschal Unternehmen von den Mehrkosten, die viel Strom verbrauchen.

Die Mitdiskutanten auf dem Podium stört der Streit der beiden Politiker über die Kosten der Energiewende. Immer werde nur über die Kosten geredet, kritisiert Ursula Sladek, Geschäftsführerin des Ökostromanbieters Elektrizitätswerke Schönau. „Es wird so getan, als seien die erneuerbaren Energien das Problem.“ Dabei seien nicht nur diese teuer. Was sei mit den Subventionen, die in die fossilen Energien fließen, fragt sie und erntet Beifall. Oder mit den Milliarden, die für die Beseitigung der Klimaschäden ausgegeben werden.

Prioritäten müssen sich ändern

Der Kritik pflichtet Ex-taz-Kolumnist Martin Unfried bei. „Dass die Erneuerbaren uns die Haare vom Kopf fressen, stimmt nicht“, sagt er. „Jeder hier hat fünf Handys, es ist eine Frage der Prioritäten.“ Er selbst beziehe Strom nur aus Wind, Solar und Biogas, auch wenn das teurer sei.

Einen neuen Aspekt, den die Diskutanten auf der Bühne bislang vernachlässigt haben, wirft schließlich ein taz-Genosse im Publikum auf. „Die Diskussion ist einseitig“, beklagt er, „auch unser Verbrauch muss auf die Probe gestellt werden.“

Warum laufen zu Hause ständig zehn Elektrogeräte gleichzeitig, fragt der Genosse. Energie solle nicht nur intelligent erzeugt, sondern auch intelligent genutzt werden.

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5 Kommentare

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  • W
    Waage

    @ Hari Seldon

     

    um Deutschland komplett mit Strom aus Kernenergie zu versorgen bräuchte man ca. 60-80 Reaktoren. So war es auch in den 60/70er Jahren geplant.

     

    An welchen Standorten und an welchen Flüssen in unserem „riesigen“ und „dünn besiedelten“ Land hätten Sie es denn gern?

    Wie würden sich die Preise für Uran bis heute entwickelt haben wenn D im großen Stil im Atomgeschäft mitgemischt hätte?

     

    Auch wenn Sie es ableugnen, spätestens nach einer "Atomrenaissance" in o.g. Größenordnung hätten wir zu dem jetzt schon vorhandenem qualitativen auch noch ein riesiges quantitatives Entsorgungsproblem. Erläutern Sie doch einmal dazu Ihre "technische Lösung" (und deren Kosten!).

     

    Nebenbei: mit der Ableugnung eines menschengemachten Klimawandels durch CO2 entziehen Sie sich selber das stärkste Argument die Laufzeiten der vorhandenen Kernkraftwerke doch noch zu verlängern (anstatt neuer Kohlekraftwerke zu bauen!), zumindest solange sie dem Ausbau der EE nicht im Wege stehen.

     

     

    Aber sehen wir es mal realistisch, es geht im Prinzip nur noch ums Recht haben, de Facto ist der Atomkeks in Deutschland aufgeknuspert, das weiß sogar Herr Großmann.

    Die Atomindustrie ist dabei an ihrem eigenen Fundamentalismus bzw. ihrer Kompromissunfähigkeit gescheitert

     

    Der Kardinalfehler war doch folgender:

    Frau Merkel (eine kluge Frau!) hatte der Energiebranche seinerzeit vorgeschlagen, den „Atomkonsens“ grundsätzlich beizubehalten und nur die Laufzeiten der neueren AKW zu verlängern, die Alten aber aus Imagegründen (und um nebenbei Platz für die damals schon rasant wachsenden EE im Netz zu machen) abzuschalten.

    Dafür sollten die Neueren mit großen Investitionssummen aufwendig sicherheitstechnisch nachgerüstet und somit deren Bestand auf sehr lange Zeit gesichert werden.

     

    Die Atombranche hat diesen Kompromissvorschlag aus purer Gier abgelehnt. Die verschiedenen EVUs konnten sich nicht einigen, welche AKW stillgelegt bzw. weiterbetrieben werden sollen. Alles oder Nichts war ihre Devise. Hätte sie Merkels Vorschlag aber angenommen, wäre die Diskussion nach Fukushima sehr wahrscheinlich anders gelaufen.

     

    So war das eben...

  • HS
    Hari Seldon

    @thierry blanc:

     

    1. Die Endlagerung ist eine politische und keine technische Frage. Aus technischer Sicht (mit viel weniger Aufwand) wäre die ganze Sache ohne Politik schon längst erledigt. Bitte, warum haben eigentlich die andere Länder viel weniger Tam-Tam rund um die Endlagerung?

     

    2. Zur Zeit sieht so aus, dass Atomstrom viel günstiger ist, als "Ökostrom". In China, Russland, US, Frankreich, Tsechien, GB, Indien, usw. wird Atomstrom ganz sicher nicht subventioniert. Sie können als Naturgesetz betrachten, dass es NICHTS ohne Risiken gibt.

     

    3. Klimawandel: Bitte, dürfte ich Ihnen die sehr guten Sendungen in N24/NTV (gehören NICHT zum Atomlobby) empfehlen? Aus diesen Sendungen können Sie sehr gut entnehmen, dass periodische Klimawändel schon vor der Menscheit aufgetreten sind, aber in der Geschichte der Menscheit auch mehrere Klimawändel gab (zB., die Neanderthaler sind mit hoher Wahrscheinlichkeit wegen Auswirkungen eines Klimawandels ausgestorben: Vielleicht haben die Neanderthaler zu viel CO2 produziert...).

     

    4. Zu den Risiken: Bitte, wieviele Todesopfer forderten die verschiedenen Energieerzugungsverfahren in den letzten 30-40 Jahren (Atomstrom ist ca. so alt)? Es gibt solche Vergleiche, und wären Sie ganz gewiss sehr überrascht.

     

    5. Sie haben die Frage immer noch nicht beantwortet: Warum gibt es KEINE ATOMHYSTERIE in anderen Ländern, nur in Deutschland? Wären die anderen Länder und Völker dumm und blöd, und nur die Grünen in Deutschland im Besitz der einzigen und absoluten Wahrheit?

  • TB
    Thierry Blanc

    @Hari Seldon

    Als, wie Sie es nennen "Ökofritz" bin ich gerne bereit, für die Kosten von sauberem Ökostrom aufzukommen, wenn Sie bereit sind, Kosten und Riskiken des Atomstroms zu bezahlen, inclusive Endlagerung des radioaktiven Abfalls für die nächsten 500'000 Jahre. Auch dürfen Sie die Kosten für die Folgen des Klimawandels übernehmen, die durch fossile Energieträger entstehen.

    "Cui bono" bezüglich Energiewende?

    Ganz einfach: Der Mensch.

  • W
    Waage

    Gibt es von dieser Veranstaltung einen Video- Mitschnitt oder ein Wortprotokoll?

  • HS
    Hari Seldon

    Erst sollte überhaupt geklärt werden, warum wir die sogenannte "Energiewende" brauchen? Weil Ökostrom teuerer wird? Was für einen Nutzen hat die Preiserhöhung für die Verbraucher? KEINE!!! Wer würde der Nutznießer der "Energiewende" sein? Ganz gewiss nicht die Stromkunden (privat oder industrielle Stromkunden, egal). Warum sollte man in eine "Enegiewende" investieren, falls man Energie heutzutage viel günstiger erzeugen kann? Warum gibt es Atomhysterie ausschliesslich in Deutschland? Wären die anderen Länder und Völker dumm und blöd, und nur die Grünen in Deutschland wären im Besitz der einzigen und absoluten Wahrheit? Falls jemand mehr für Strom bezahlen will (freiwillig), bitteschön, dieser Wunsch ist erfüllbar. Aber warum sollten die Anderen für eine Pseudoreligion noch daraufzahlen? Die Gläubiger sollten für diese Pseudoreligion bezahlen. Das Sterben der Solarzellenindustrie in Deutschland ist ein Paradebeispiel für die Auswirkungen der "Energiewende": Die Solarzellenerstellung ist sehr energieintensiv, und China hat kein Problem mit Atomstrom, dafür sind die Energiepreise 30-50% niedriger als hierzulande (es gibt kein EEG, usw.). Es ist kein Wunder, dass die deutschen Solarzellen-Firmen pleite gehen, wenn die die Produktion nicht rechtzeitig nach China verlegen können. Man sollte die einfache "Cui bono?" Frage stellen: Wer wird aus der "Energiewende" profitieren? Die Verbraucher ganz sicher nicht.

     

    Und die Dame in der Diskussionrunde: Die importierten fossilen Rohstoffe (Gas, Kohle) werden überhaupt nicht subventioniert (nur die Verbraucher werden zur Kasse gebeten, auf gut Deutsch abkassiert). Ökostrom: Die sogenannten "Ökostrom"-Angebote bestehen mindesten zu 80% aus Atom-/Kohle-Strom. Die Ökofritzen sollten ausschliesslich nur Ökostrom erhalten, und nur dann, wenn Ökostrom wirklich verfügbar ist, und die Ökofritzen sollten die wirklichen Kosten bezahlen, und nicht die Bevölkerung. Mal sehen, wie groß die Begeisterung wäre, wenn die Tiefkühltruhe, Fernseher, Rechhner, die Lampen, usw. zum Beispiel in der Nacht nicht funktionieren, weil die Sonne gerade schläft oder Winstille herrscht, usw. Wir sollten bei den Fakten und Realitäten bleiben.