taz 26.1.1995: Aprilscherz
■ Volksbegehren findet doch nicht statt
Die neue Bremer Landesverfassung bringt endlich mehr direkte Demokratie. Mit einem Volksbegehren können jetzt 50.000 BremerInnen ihr Anliegen zur Volksabstimmung stellen. Wer an diese Versprechungen vor dem 16. Oktober tatsächlich geglaubt hat, der muß sich nun zurufen lassen: „April, April“. Denn mit voller Absicht hat die Bremische Bürgerschaft am 1. April (sic!) 1969 eine Schikanensammlung als Ausführungsgesetz zur Volksabstimmung beschlossen. Und die gilt auch heute noch. Denn die Abgeordneten, die zwei Jahre lang bis in die kleinsten Feinheiten über die geänderte Landesverfassung berieten, fanden es unter ihrer Würde, sich auch noch mit den profanen Ausführungsbestimmungen zu befassen.
Das tut nun der Innensenator. Und der will auch alles besser machen – nur das dauert eben – April, April – ein bißchen länger. Und deswegen klappt es leider zur Bürgerschaftswahl im September doch noch nicht mit den ersten Volksentscheiden. Danach ist es dann auch erstmal schlecht, denn die vorgesehenen 50 Prozent Mindestbeteiligung an einer Volksabstimmung sind realistisch nur parallel zu einer allgemeinen Wahl zu haben. Aber macht ja nichts, die nächste Wahl kommt bestimmt irgendwann. Hierzulande allerdings wohl erst im Oktober 1998. Bis dahin gilt: In Bremen gibt es das Recht auf Volksentscheid – als Aprilscherz. Dirk Asendorpf
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