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taz🐾sachenSüße Mythen des Alltags

Möchte man komplexe Institutionen oder Zusammenhänge verstehen, dient sich ja zuweilen ein Blick auf das Alltägliche an. So hielt es schon der Kultursemiotiker Roland Barthes, der anhand von Beobachtungen über Fritten, Seifenpulver oder Striptease die Gesellschaft dekonstruierte. Der Alltag von taz-Mit­arbeiter*innen spiegelt sich besonders prachtvoll – weil besonders weltlich – in einem E-Mail-Verteiler wider.

Schon die Betreffzeilen gewähren einen quasi-anthropologischen Blick ins Innenleben dieser Zeitung. Eine kleine Typologie: Naheliegenderweise wird die Schwarmintelligenz gern für Praktisches angezapft. Es lässt sich unterteilen in GESUCHE (iPhone-Ladekabel, Geige, Aspirin Complex, Helium, Ausgehtipps in Neukölln, Anwalt für Versicherungsrecht) und ANGEBOTE (Tischtennisschläger, Nagellack und Duftkerzen, Babyklamotten, Lego). Den hausinternen Energiebedarf thematisieren Nachrichten der Kategorie NAHRUNG: „Popcorn to go“, „Süßes für Süße“, auch: „Milchklau.“

Daneben offenbart sich dem findigen Analysten auch ein PSYCHOGRAMM: „Abschied“ verkünden Betreffzeilen mal wehmütig, „Liebe an die Kantine“, heißt es andererseits schmusig. Oder auch furios: „Wie erbärmlich ist das denn!“ Die schwierigsten Fragen werden künftigen His­toriker*innen allerdings die Stichworte aufgeben, die hier unter der Kategorie KRYPTISCHES subsumiert werden: Was sich hinter „Globuli & Diaspora“ verbirgt? Hinter „Zerstörerische Geschirrspüler“ oder „Hermine, wo liegst du rum?“ Es bleibt wohl ein Mythos des Alltags. Finn Holitzka

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