tarifabschluss : Der Solidarpakt lässt grüßen
Nach rund einem Jahr Diskussion und Verhandlungen hat es der rot-rote Senat geschafft: Den so genannten Solidarpakt im Öffentlichen Dienst wird es geben, auch wenn er nicht so heißt. Denn der gestern gefundene Tarifkompromiss entspricht prinzipiell den Vorstellungen, mit denen der Senat im vergangenen Herbst bei den Gewerkschaften auf Granit gestoßen war: Alle kriegen deutlich weniger Geld, arbeiten dafür aber auch weniger. Die Gewerkschaften hatten sich dies nur auf freiwilliger Basis vorstellen können.
Kommentar von RICHARD ROTHER
Zwar verfehlt der Senat leicht seine Einsparziele, die er sich beim Personal vorgenommen hat. Ein Erfolg ist der Abschluss für ihn dennoch: Der Senat erzielt enorme Einsparungen und bekommt auf lange Sicht Planungssicherheit. Außerdem hat er mehr herausgeholt, als ein Abbruch der Verhandlungen und die Fortsetzung des Status quo gebracht hätten.
Für die Gewerkschaften ist der Abschluss ein Biss in den sauren Apfel. Den Kündigungsschutz bis Ende 2009 haben sie sich mit der Abkoppelung von der bundesweiten Lohnentwicklung erkauft. Künftig wird in Ost- und Westberlin weniger verdient als in den alten Bundesländern.
Das Ergebnis war absehbar, hatten doch die Gewerkschaften am Ende wenig in der Hand. Nach der verheerenden Niederlage der IG Metall – die es nicht geschafft hat, in einer aufstrebenden Branche die gesellschaftspolitisch richtige Idee der Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich auch im Osten durchzusetzen – wäre ein Arbeitskampf im öffentlichen Dienst des Haushaltsnotlagelandes Berlin wohl von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen. Zumal die meisten Beschäftigten der kriselnden Stadt dabei kaum mitgezogen hätten. Sie sind, wie die deutliche Zustimmung der Tarifkommissionen zum Kompromiss zeigt, vor allem über eines froh: dass sie überhaupt einen Job haben.