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streit um spd-vermögenDer Charme des Undurchschauten

Ein lang erwarteter Auftritt. Einer, der viele schlauer machte und andere noch dümmer aussehen ließ. Es war der Auftritt der Inge Wettig-Danielmeier. Die SPD-Schatzmeisterin stellte sich dem Spendenuntersuchungsausschuss.

Das Setting war schon seit Monaten klar: Die CDU wollte beweisen, dass die SPD Dreck am Stecken hat, der mindestens so schwarz ist wie die Unionskonten in der Schweiz. Milliarden soll die SPD angeblich besitzen, Millionen jährlich einnehmen, Besitz verschleiern, Bilanzen fälschen.

Kommentarvon ULRIKE HERRMANN

Und tatsächlich: Nach dem Auftritt der SPD-Schatzmeisterin sind alle irgendwie schlauer. Sogar das Laienpublikum der Bürger. Ähnlich wie bei BSE oder bei den erstaunlichen Wahlen in den USA wuchs auch hier das Wissen über bis dahin Unbekanntes oder Uninteressantes: So wie jetzt jeder informiert sein dürfte, was ein Prion ist oder ein Wahlmann, so ist neuerdings vielen der Umstand bekannt, dass die SPD eine überschuldete Druckerei namens Deutz besitzt.

Aber was sagen uns nun die komplizierten Finanztransaktionen zwischen dem „Druckhaus Deutz GmbH“ und der ebenfalls SPD-eigenen „Auerdruck GmbH“, um die es zum Beispiel geht? Irgendwie nichts. Wurde das Parteigesetz verletzt oder nicht? Wer soll das entscheiden. Die Materie ist so verwirrend, dass sie sich höchstens für Fachleute eignet.

Aber genau das erschien der CDU ja so charmant. Nur das Undurchschaubare eignet sich für Verschwörungstheorien und für eine Medienkampagne. Ungestraft kann maßlos übertrieben werden. Gestern behauptete der CDU-Obmann im Untersuchungsausschuss begeistert: Das Finanzgebaren der SPD habe eine „ganz andere Dimension als bei der CDU“. Und das Beste aus Unionssicht dürfte sein, dass kein Ende dieser Unterstellungen abzusehen ist. Sie werden immer irgendwie plausibel wirken: Schließlich ist die Sachlage so kompliziert, dass sie sich von Laien nicht überprüfen lässt.

Aber vielleicht irrt sich die CDU. Vielleicht interessieren sich die Laien nicht lange für Konten und Verflechtungen, die sie sowieso nicht verstehen. Vielleicht würdigt das Wahlvolk etwas ganz anderes: wie sehr das Bemühen bei den Politikern spürbar wird, das Dunkel zu erhellen. Und da schneidet Inge Wettig-Danielmeier überzeugender ab: Sie schwieg nicht wie Kohl, der sein Vertuschen auch noch für eine Tugend hält. Das lässt die CDU bis heute dumm aussehen.

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