steffen grimberg : Reserve hat Ruh
Wie kommen Journalisten zu ihrem schlechten Ruf? Auf demselben Weg wahrscheinlich wie an tolle Journalistenrabatte!
„Hallo, liebe Kollegen, wollte mal hören, ob mir jemand Tipps geben kann, wie ich an Pressekarten für Musicals in Deutschland komme. Gibt es auch Möglichkeiten, ohne Berichterstattung Musicalkarten zu bekommen? Außerdem wüsste ich gerne, ob jemand Erfahrungen mit dem Phantasialand hat – gibt es da Rabatt oder freien Eintritt für Journalisten?, fragt eine „cjulia“ im total exklusiven Medien-Internetforum journalismus.com.
Erraten, liebe LeserIn, es geht um Journalistenrabatte. „Honda: Journalistenrabatte eingestellt“, meldet Bolko Bouchés einschlägiger Infodienst www.journalistenrabatte.de Bevor sich Verzweiflung breit macht: „Hyundai: Journalistenrabatte wurden auf 18 % erhöht. Kontakt: Pressestelle“ – na also, es gibt sie noch, die guten, alten Dinge.
Und jetzt kommt endlich auch eine Kreditkarte, die anders als die meisten „Journalistentreffs“ im Internet oder anderswo gar keinen Hehl mehr aus ihrem Nassauertum macht: die Visa JournalistenCard. „Exklusiv für Journalistinnen und Journalisten: Die Premium-Kreditkarte mit Preisvorteilen“, jubelt der nicht eben einschlägig bekannte Deutsche Fachjournalisten-Verband (DFJV). Und kommt zügig zur Sache: „Die JournalistenCard dient auch als Nachweis gegenüber Presserabatt-Anbietern.“ Na bitte. Zugegeben, eine ein bisschen verschwurbelte Begründung zur Beruhigung des eigenen Gewissens wird auch hier noch mitgeliefert: „So kann der Kauf mit Presserabatt direkt durch die Kreditkarte erfolgen, was die Komplexität von Beschaffungsvorgängen entscheidend vereinfacht.“ Jaja, die Komplexität von Beschaffungsvorgängen. Zum Beispiel von Musicalkarten ohne Berichterstattung, gell, „cjulia“?
Eine gewisse Entrium Direktbank steckt hinter der JournalistenCard, und so wahnsinnig günstig – 23 Euro Jahresgebühr – sind deren Konditionen gar nicht. Und: Sie unterscheidet sich kaum von all den anderen Visa-Karten, die Entrium zur allgemeinen Marktbeglückung herausgibt. Und: Besondere Presserabatte sind auch nicht in Sicht. Ätsch, ausgetrickst.
Mit Journalismus, das nur ganz am Rande, hat all dies sowieso rein gar nichts zu tun. Wir empfehlen allen ProfitlerInnen, die schon ihre echten oder selbst kopierten Presseausweise gezückt haben, uneingeschränkt und ungeprüft folgende vaterländische Visa-Alternativen aus dem Hause Entrium: die ReservistenverbandsCard. Auge-e-en zu und Wehrpässe bereithalten!