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stasi-aktenWERTHEBACH, EIN KALTER KRIEGER

Erneut steht der Innensenator unter Erklärungsdruck. Und wieder mal hat Eckart Werthebach nichts von gewusst.

Warum laviert der ehemalige Beauftragte des Bundesinnenminsteriums für die Betreuung der Stasi-Altlasten in dieser Form? Wenn die Aktenvernichtung rechtens war, warum will er nichts damit zu tun gehabt haben? Und wie kann Werthebach angesichts seiner früheren Position behaupten, er habe nie Protokolle gesehen, die die Stasi über westdeutsche Politiker angelegt hatte?

Noch immer ist nicht geklärt, wer die offenbar legale Aktenvernichtung durchgeführt hat. Ungeklärt bleibt deshalb auch, ob bei dieser Aktion tatsächlich auch alle Akten vernichtet wurden oder ob gar noch Unterlagen zur weiteren politischen Verwendung vorhanden sind. Das ist die spannende Frage bei der Debatte um die Vernichtung von Stasi-Akten, und deshalb will Werthebach nichts mit der ganzen Angelegenheit zu tun haben.

Die dubiose Handhabung der Stasi-Akten trägt ganz die Handschrift des ehemaligen BfV-Präsidenten Eckart Werthebach. Der Skandal der fortgesetzten Beschäftigung eines IM als Verfassungsschutzspitzel hat in der vergangenen Woche bereits ein klares Licht auf das politische Verständnis des jetzigen Innensenators geworfen. Werthebachs Pläne, das Landesamt für Verfassungsschutz seiner Behörde direkt zu unterstellen, haben es weiter illustriert. Und der neue Verdacht, er habe Stasi-Akten vernichtet oder eben vielleicht sogar beiseite geschafft, zeigt allemal eines: Der ehemalige Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz hat nicht den Schutz der Verfassung im Sinn. Er praktiziert Verfassungsschutz ganz schlicht als Geheimdienst alter Prägung: als Geheimdienst, der dem Machterhalt gilt, als Geheimdienst, der politische Gegner ausspioniert – als Geheimdienst im Sinne überkommener Herrschaftsformen, die vom modernen Gesellschaftsvertrag kaum weiter entfernt sein könnten. BARBARA JUNGE

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