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Archiv-Artikel

standbild Unterricht im Schönreden

„NDR aktuell zur Wahl: Das Duell“ (Mi., 21 Uhr)

Beim Norddeutschen Rundfunk jedenfalls war man gestern zufrieden, nach dem Fernsehduell zwischen Niedersachsens Ministerpräsident Sigmar Gabriel (SPD) und seinem wahrscheinlichen Nachfolger Christian Wulff (CDU). „Sehr gut“ sei die Quote gewesen, ließ eine Sprecherin der taz ausrichten, „auf jeden Fall überdurchschnittlich für diese Sendezeit“. Eine nette Formulierung, die freilich nur eines beweist: Beim Schönreden von schlechten Zahlen hat der NDR viel von Gabriel gelernt. Vielleicht war das ja der Sinn der Übung, die ansonsten nur einen weiteren Erkenntnisgewinn brachte: Offenbar interessieren sich die Bürger wirklich mehr für bundesweite Show-Events wie „das Duell der Kronprinzen“ zwischen Gabriel und Roland Koch aus Hessen. Wenn es wirklich um Landespolitik geht, schaut keiner zu. Gerade mal 610.000 Norddeutsche wollten das letzte „Duell“ vor der Wahl sehen. In seinem eigenen Sendegebiet erreichte der NDR damit einen Marktanteil von schlappen 10,6 Prozent. Doch die übrigen 90 Prozent haben nichts versäumt.

Wie alle regierenden Politiker spricht Gabriel lieber über die „gestiegene Zahl der Erwerbstätigen“ als über die hohe Arbeitslosigkeit in seinem Lande. Wie alle Oppositionspolitiker kündigt Wulff an, was er alles besser machen würde.

Und so geht es eben hin und her. Wulff über Gabriel: „ein Lügner“. Gabriel über Wulff: „Verpackungskünstler“. In ihren großen Zielen unterscheiden sich die beiden kaum. Beide wollen die Arbeitslosigkeit abbauen und die Bildung fördern. Der eine (Gabriel) mit, der andere (Wulff) ohne neue Steuern. Alles bekannt. Und so endete das Duell wie die zwischen Schröder und Stoiber im letzten Sommer: ein klares Unentschieden, ohne Einfluss auf die Wahl.

Liegt es an der Form? An den Stehpulten, vor denen alle Politiker verkrampfen? Oder an den laschen Fragen? Auch NDR-Mann Volker Herres war vor allem um eine gerechte Verteilung der Sprechzeit bemüht. Spannend wäre ein „Duell“, wenn wenigstens einer der Kandidaten wenigstens eine neue Idee vortragen würde. Wenn nicht, kann man es auch halten wie Koch in Hessen, der gar nicht antrat. LUKAS WALLRAFF