piwik no script img

standbildKaiserliches vom Konflikt-Kanzler

Sabine Christiansen (Sonntag, 21.45 Uhr, ARD)

Eines muss man ihm lassen: Anders als Helmut Kohl taucht Gerhard Schröder nicht ab, wenn er in Schwierigkeiten gerät und das Volk seine „Führungskraft“ in Zweifel zieht. Gerne präsentiert sich der Kanzler dann im Fernsehen. Am Sonntag gab er der „verehrten, gnädigen Frau“ Christiansen die Ehre, die anlässlich des hohen Besuchs sogleich ihre beliebte Quasselbude leer räumte und als Stichwortgeberin fungierte.

Schon einmal war Schröder allein bei Christiansen, im Oktober 1999, als Rivale Oskar noch böse Bücher schrieb. Damals erschien ein demütiger Softi-Kanzler, der sich vielmals entschuldigte, reumütig Fehler einräumte – und am Ende der Sendung per „Quick-Vote“ von 82,8 Prozent der Zuschauer abgewählt wurde. Das war ihm eine Lehre.

Schröder ließ sich diesmal weder von albernen Einspielungen („Würden Sie von diesem Mann noch Äpfel kaufen?“) noch von frechen Leuten im Publikum irritieren. „Verehrte Frau Christiansen, Sie sind falsch informiert“, beschied er seiner Gastgeberin, als diese ihm sein früheres Desinteresse an der ökologischen Landwirtschaft vorhielt. Okay, Kumpel Funke sei da „kein Vorreiter“ gewesen, aber nun ist er ja weg, und er, der Kanzler, traf „zur richtigen Zeit eine richtige Entscheidung“, indem er die „kenntnisreiche“ Nachfolgerin ernannte.

Schröders BSE-Krisenmanagement hat natürlich „nichts mit Symbolik zu tun“. Nein, jetzt wird richtig aufgeräumt. Was „nicht ohne Konflikte“ geht, wie auch der Konsenskanzler weiß. Nun wurde es interessant. Von Christiansen unbemerkt, zitierte Schröder fast wörtlich Kaiser Wilhelm Zwo. Beim Umbau der Landwirtschaft gelte fortan: „Jeder, der da mithilft, ist willkommen, auch der Verband. Jeder, der da stört, der muss mit meiner Kritik und auch mit meiner Gegnerschaft rechnen.“ Das klang gar nicht mehr nach Softi- oder Konsenskanzler, sondern viel mehr nach des Kaisers Rede von 1890: „Diejenigen, welche mir behilflich sein wollen, sind mir von Herzen willkommen. Diejenigen jedoch, welche sich mir entgegenstellen, zerschmettere ich.“ Bei den Besuchern von Christiansens Homepage ist das „Vertrauen in Schröders Führungskraft“ gestern wieder von 40 auf 60 Prozent gestiegen. LUKAS WALLRAFF

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen