piwik no script img

standbildHobby: Tyrannen vor Gericht zerren

„Treibjagd auf Diktatoren“(Mi, Arte, 20.15 Uhr)

Da sagt es einer offen und klar heraus. Faszinierend sei es, auf der Seite der Guten gegen das Böse zu stehen und sich für Menschenrechte einzusetzen. Reed Brody, dem stellvertretenden Vorsitzenden von Human Rights Watch, macht es Spaß, Diktatoren zu jagen und diese für ihre Vergehen gegen die Menschlichkeit vor Gericht zu bringen. Er grinst in die Kamera. Regierungen unter Druck setzen – sein erklärtes Hobby!

Und genau das bringt Pierre Hazans in seinem Dokumentarfilm wunderbar klar auf den Punkt. Es ist die typisch französische Art, die Dinge zu sehen. Keine Selbststilisierung als Opfer ist zu spüren, die Rechte und Demokratiegegner gern als vermeintlich schwächliches „Gutmenschentum“ diskreditieren. Keine weinerliche Inszenierung, wie sie in deutschen Filmen gern herbei zitiert wird.

Es ist prima, einen Tyrannen zur Rechenschaft zu ziehen, jubelt der Film. Der Autor zeigt, wie ehemals entrechtete und gedemütigte Menschen, die von den Folterknechten des Exdiktators der Republik Tschad, Hissène Habré, gequält wurden, beim Gedanken, dass dieser sich jetzt vor Gericht verantworten muss, ihre Würde zurückerlangen. Aufgrund dieser Sichtweise ist Hazans Dokumentarfilm etwas ganz Besonderes – keine leidig lamentierenden Vergangenheitsdebatten, der Ausblick auf die Zukunft zählt.

Der Film ist politisch richtungsweisend. So informiert der Autor, dass Human Rights Watch 400 000 Dollar gesammelt hat, um die Einleitung des Verfahrens gegen Habré finanzieren. Er stellt die entscheidende kritische Frage: „Sollte die internationale Justiz etwa nur für Reiche da sein?“ Und noch eine Frage: „Sind vor dem internationalen Menschenrechtsgericht eigentlich alle gleich?“ Wird etwa der frühere amerikanische Außenminister Henry Kissinger zur Rechenschaft gezogen werden wegen seiner wahllosen Bombenangriffe auf Kambodscha und Vietnam? Brodys Antwort: Immerhin sei es heutzutage nicht mehr Tabu, Kissinger als Kriegsverbrecher zu bezeichnen. Dann wieder diese Freude auf seinem Gesicht: „Die Zeiten ändern sich für die Mächtigen.“ Hazans Film macht deutlich, wie lustvoll der Kampf für Menschenrechte sein kann. GITTA DÜPERTHAL

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen