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standbildTristes Geplänkel

Algraï – Die Musik des Widerstands (Mi, 22.25 Uhr, Arte)

Der Raï ist die populäre Protestmusik der algerischen Jugend. Doch die französisch produzierten Dokumentarfilme „Algerien – Wiege der Raï-Musik“ von Michel Vuillermet und Djamel Kelfaoui und „Oran, oraï“ von Claude Santiago und Bouziane Daouidi verfallen einem seltsamen Romantizismus, statt die aufmüpfige Musik mit den realen Themen zu verknüpfen: Oran bleibe eine heitere Stadt, trotz Arbeitslosigkeit und wirtschaftlicher Not – Fernsehen als Beruhigungspille und Illusionsproduzent. Das freiheitsliebende Algerien habe den Raï der Welt zum Geschenk gemacht, heißt es euphorisch. Doch kein Wort davon, wie die Welt dies dankt: wegschauen, abschieben.

Der junge Algerier Djamel, der mit einer gnädig verlängerten „Duldung“ hier in Deutschland sitzt, rezipiert das seltsame Treiben auf dem Bildschirm halb amüsiert, halb fassungslos. Sicher, er genießt es, unter den jungen Raï-Sängern einen seiner Freunde wiederzuerkennen, ist sichtlich fasziniert, wenn die vulgären, provozierenden, ihm vertrauten Liebeslieder erklingen, die von der algerischen Politikerriege als das begriffen werden, was sie sind: offener Protest gegen das Regime. Doch die Geschichte der Widerstandsmusik ist aus dem Zusammenhang gerissen.

Der Raï wirkt in dieser filmischen Darstellung geradezu als Unterwerfungs-Pop. Gesänge, die allenfalls ein Grinsen hervorrufen. Etwa wenn Raï-Sängerinnen wie Fatiha heiße Rhythmen röhren: „Er hat mein Herz gebrochen, möge Gott das seine brechen“ und „Wegen des Kummers falle ich dem Whisky zum Opfer“.

Die Geschichte von Cheb Hasni, dem König der Liebeslieder, ist hingegen stark verkürzt. Und seine Ermordung in Oran 1994, die einzig dazu diente, die Raï-Bewegung einzuschüchtern, zur Emigration zu zwingen, kommt als vernebelter Mythos herüber. Keine Rede im deutsch-französischen Kulturkanal davon, dass – Raï hin oder her – das Ausreisevisum nach Frankreich oder Deutschland keineswegs den Himmel auf Erden bedeutet. Stattdessen gibt es Starkult satt und unpolitisches Geplänkel. Mag weiterhin die alte Raï-Devise gelten: „Visum, Visum, meine Brüder. Und wenn ich nur einen Koffer habe“.

GITTA DÜPERTHAL

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