piwik no script img

standbildKleine Brötchen

„Die Wahlkampfmacher“ (Mi, 23.30 Uhr, ARD)

Was ist das Geheimnis eines erfolgreichen Wahlkampfs? Dass man so tut, als gäbe es eins.

Aus der Nähe betrachtet ist die Kampagnenarbeit der Parteimanager genauso banal wie die Plakate und Sprüche, die dabei meist herauskommen. Die 45-minütige ARD-Reportage „Die Wahlkampf-Macher“ von Thomas Leif und Oliver Merz machte das noch einmal eindrucksvoll deutlich.

Monatelang haben die beiden Autoren die Wahlkampfstäbe von CDU, SPD, FDP, Grünen und PDS bei ihrer Arbeit beobachtet. Wir lernen: Die „Gegnerbeobachtung“ hat auch den Sinn, schnelle Gegenreaktionen zu präsentieren; bei der „Tenorierung“ werden Journalisten in exklusiven Hintergrundgesprächen gebrieft; das „Negative Campaigning“ will den Gegner schlecht machen. „Ich geh mit der roten Laterne als Letzter durch die Tür“, singt ein rotmütziger Gartenzwerg in einem CDU-Spot. Das klingt furchtbar professionell und ist im Ergebnis oft genauso furchtbar daneben. „Man muss den Stoiber nur vor die Kameras bekommen“, dröhnt General Müntefering. Das war vor dem Fernsehduell. Joschka Fischer outet sich als „begeisterter Wahlkämpfer“ und präsentiert selbst gemalte Plakatskizzen vom „Märchenonkel Edmund und der Flunkertante Guido“. Har har, wie originell. Und die PDS entblödet sich nicht, auf ihren Wahlkampftischen Banalitäten zu präsentieren: Kondome, Brillenputztücher, Schrippen mit PDS-Schriftzug. Was will sie damit sagen? Uns fehlt es an Klarsicht? Wir backen nur kleine Brötchen?

Schade nur, dass die Filmautoren den gleichen Fehler machen wie die Parteien: Sie fragen kaum danach, wie dieser ganze Quatsch bei denen ankommt, auf die es doch ankommt: bei der Wählerschaft. Die flächendeckende Verschandelung aller Lebensräume mit hässlichen Politikerköpfen, die sexuelle Belästigung durch Parteihelfer, die Wahlzeitungen in jede Körperritze stecken, die stete Beschallung durch dummpopelige Propagandasprüche dürfte inzwischen weit mehr potenzielle Wähler abschrecken als mobilisieren. Wahlkampf ist längst zu einem selbstreferenziellen System verkommen, in dem es vor allem um eins geht: um die oberwichtige Wichtigkeit der Wahlkampfwichtel. UTE SCHEUB

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen