speisen in andalusien: Polyp an Eierbrühe
Ich gebe es gleich zu: Meine Spanischkenntnisse sind bescheiden. Sie reichen kaum über Fachbegriffe wie Real Madrid oder correa del ventilador hinaus (den Begriff für Keilriemen vergisst man nie mehr, wenn einem mal Karfreitagnachmittag in einem andalusischen Kaff ein solcher gerissen ist und der gute alte Damenstrumpf zum Einsatz gebracht wurde).
Bruchstückhaft genügen die Kenntnisse für das Studium von Speisekarten. Aber ich würde nie eine deutsche Speisekarte ins Spanische übersetzen wollen. Umgekehrt geschieht dies in Spanien, wo neben der spanischen Originalkarte die Anglizierung und das Alemannische angeboten werden. Mit grotesken Ergebnissen. Je weiter man von Teutonengrillzentren entfernt ist, desto weniger wird dabei nach Fachleuten gesucht, sondern selbst übersetzt. In Andalusien habe ich dieses Jahr eine persönliche Hitliste kulinarischer Novitäten aufgestellt.
Meine Top Ten (Top Diés):
Platz 10 an den Lachs im Andaluz in Nerja: Er wurde als „Fresh Frisches“ angeboten.
Platz 9: Nie werden wir wissen, ob es sich beim „Reis nach Seemannsart“ im El Roque in Conil de la Frontera um Paella handelt. Hier gab es nur die deutsche Karte.
Platz 8 für die lustige „Lachschnitte“ an das Restaurant Terraza in Conil.
Platz 7 für den Klassiker gambas al ajillo im La Fragua in Conil als „Knoblauch gebratete Rabben“. Lecker!
Platz 6 wegen größtmöglicher Interpretationsfreiheit für das cornejo, also Kaninchen, im Almanzar in Torrox: Es kam schlicht als „Gebratetes“ auf den Tisch.
Platz 5 geht nach Sevilla: Im La Cueva gibt es einen einmaligen „Brathähnchen-Braten“.
Platz 4 mit der 2. Nennung für das La Fragua: Rühreier mit Knoblauch, auf Spanisch revuelto de ajetes, wollen hier als „Eierbrühe mit junger Knoblauchpflanze“ den Magen umschmeicheln.
Platz 3 geht an das Restaurant Pepe Oro in Torrox, wo die guten alten Calamares als „Polypen“ angeboten werden. Auf Verkostung wurde verzichtet.
Platz 2 für die vorzüglichen Morillo de atún im, schon wieder, La Fragua in Conil: Im Englischen galten die butterzarten Thunfischstücke als tuna (back of the neck), um im Deutschen zu „Gegrillter Thunfischmaul“ zu werden.
Platz 1 bleibt, natürlich, im La Fragua, das auch den taz-Gesamt-Guide-Michelineros für wirklich gutes Essen gewinnt: Der Ochsenschwanz Ternera wird hier in Rückkastrationsfantasie mit eingesprenkeltem Schreibfehler generationenübergreifend zu „Kalbfleish Stierart“. Olé!
PS: Ein honigsüßer Sonderpreis geht noch an das „El Castillo“ in Nerja, das zum „Nach Tisch“ eine komplette „Eisdiele“ anbietet. Für gerade mal ein paar hundert Peseten.
Trotz all dieser Hochkulinarik bin ich unentschlossen in Fragen des Grunderwerbs. Wenn, würde ich nur dem Maklerbüro Rio Saldo in Conil mein Vertrauen schenken: „In dieser Einwilligung behandeln wir professionell für jeden Fall jede Immobiliennotwendigkeiten, so viel für Verkauf wie in der Miete. Wir finanzieren zu den besten Interessen des Marktes. Neuer Aufbau, Ebenen von 1, 2, 3 Schlafzimmern. Alles nur mit Materialien der Qualität.“ müll
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