piwik no script img

spd-ausschlüsseEin Zeichen von Hilflosigkeit

Die SPD will sozialdemokratische Ströbele-Unterstützer ausschließen. Diese härteste aller möglichen Reaktionen erklärt sich wohl auch aus der Person des Parteivorsitzenden. Peter Strieder ist persönlich verletzt. Der gescheiterte Andreas Matthae war explizit sein Kandidat. Großspurig hat Strieder denjenigen vor der Wahl den politischen Verstand abgesprochen, die einen Sieg Ströbeles auch nur für möglich hielten.

Kommentar von ROBIN ALEXANDER

Aber hat Strieder nicht inhaltlich Recht? Kann ein Parteivorsitzender zulassen, dass aus der SPD für Kandidaten aus anderen Parteien geworben wird? Ja, er kann. Und er wäre sogar gut beraten, hier Toleranz zu üben. Das Phänomen Ströbele ist sicher ein Einzelfall, aber einer, der in die Zukunft weist. Immer weniger Linke möchten sich fest binden – nicht an die Grünen, nicht an die PDS und auch nicht an die SPD. Gerade in den hedonistischen Innenstadtbezirken Berlins begreift ein politisch hoch gebildetes Publikum seine Wahl strategisch: In Prenzlauer Berg stimmen sie für Thierse. In Kreuzberg für Ströbele. Beim nächsten Mal vielleicht für einen anderen Kandidaten, der überzeugt – durch Persönlichkeit, nicht durch Parteibuch.

Der politische Diskussionsprozess wird heute offener geführt als früher: Wollen die Parteien nicht immer mehr Einfluss auf ihn verlieren, müssen sie sich einbringen, statt zu versuchen, die Diskussion zu unterdrücken. Der Parteiausschluss, ein Mittel aus den finsteren 70er-Jahren, wirkt hier besonders hilflos.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen