sozialhilfe: Druck allein hilft nicht
Manchmal haben Überlegungen von Finanzsenator Peter Kurth (CDU), wie er den Etat weiter entlasten kann, auch etwas Gutes. Das könnte jedenfalls für die Vorschläge gelten, die er jetzt zum Thema Sozialhilfe gemacht hat: Kurth will den Bezirken ermöglichen, eingesparte Sozialhilfemittel umzuwidmen und damit auch neues Personal in den Sozialämtern zu bezahlen.
Kommentarvon SABINE AM ORDE
So will er natürlich langfristig vor allem sparen. Doch der Vorschlag könnte auch für Sozialhilfeberechtigte von Vorteil sein: Er könnte die Bezirke motivieren, bei der Arbeitsvermittlung neue Wege zu beschreiten. Bislang sind viele Sozialämter völlig überlastet. Die Sachbearbeiter, die bis zu 170 Klienten betreuen müssen, kommen beim Aktenabarbeiten kaum nach. Für Beratung des einzelnen Klienten bleibt keine Zeit. Einzelne Bezirke setzen deshalb auf externe Firmen oder freigestellte Amtsmitarbeiter: Sie versuchen – zugeschnitten auf den einzelnen Sozialhilfeberechtigten – für diesen einen Job zu finden. Solche Projekte brauchen Zeit, und sie müssen finanziert werden. Doch langfristig zahlen sie sich aus – im doppelten Sinn: Kurth kann sparen, und die Sozialhilfeempfänger können den Sprung aus der Stütze schaffen. Viel zu lange haben sie dafür vom Amt kaum Unterstützung bekommen.
Zu befürchten allerdings ist, dass Kurth auch den Druck auf die Sozialhilfeberechtigten erhöhen will, irgendeinen Job anzunehmen. Doch mit Druck allein schafft bestimmt niemand langfristig den Sprung aus der Sozialhilfe.
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