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sowas von mitte

von WIGLAF DROSTE

Am 18. Februar erklärt Angela Merkel in der FAZ, warum die Mitte so gut und so wichtig sei: „Die politische Mitte entstand in Deutschland als Antwort auf die furchtbare Erfahrung mit dem Nationalsozialismus.“ Wie so manches, brimm bramm brumm. Frau Merkel legt nach: „Und sie hat sich den kommunistischen Diktaturen als überlegen erwiesen. So wirkt sie auch heute: Mitte ist die einzige Garantie gegen Rückfälle in jedwede Ideologie.“ Warum die FAZ solche Mittelstufenreferatsbesinnlichkeiten wegdruckt, muss das Geheimnis dieser zuweilen interessant überschätzten Zeitung bleiben. Angela Merkels Frankfurter Allgemeinplätze schützen allerdings kein bisschen vor ideologischer Belästigung. Was Edmund Stoibers Watschdame ausbreitet, ist die Ideologie der Mitte. Und die ist gar nicht schön, mehr so öde und och nö.

Da hocken sie, Schröder-Stoiber-Fischer-Westerwelle et al, und legen größten Wert darauf, da und nicht etwa anderswo zu sein: in der Mitte. Warum nur? Wie kommen sie darauf, ein Ort, an dem gerade sie sich aufhalten, sei irgendwie attraktiv? Wer außer ihnen und ihren professionellen Speichelleckern möchte sein, was, wie und wo sie sind? „In Deutschland ist die Mitte rot!“, pathetet die SPD, der grüne Rest schleppt den Eigenleichnam ebenfalls in diese letzten Segen und allerletzte Wählerstimmen verheißende Zone. Allein die muffig patinierten Sozialdemokraten von der PDS werden als die Abweichler verglimpft, die sie überhaupt nicht sind. Die Trauerrandsozialisten mit ihren zonationalen Tümeltönen sind allermittigstes Deutschland.

Was ist Mitte? Die Verheißung von Nestwärme, realiter der Mief einer ungelüfteten, geschlossenen Gesellschaft. Was bis 1989 eine typische Forderung der REPs war, ist heute Konsensmilch der Mitte: das Land als Sicherheitstrakt, hochgerüstet nach innen und außen. Der Drang in diese Mitte ist ein opportunistischer Angstreflex. Rollerückwärts geht es hinein ins Gift des gesunden Volksempfindens. Wo Abweichen von der Norm ein Delikt ist, da ist Mitte.

Mitte ist ein Chimärchen, eine Behauptung, eine Projektionsfläche für verängstigte Geister, die sich nach Sicherheit sehnen. Mitte schmort im eigenen Saft und wummert brusttönerisch, außerhalb von ihr existiere nichts. Da sie selbst so fade ist, darf es woanders auch nichts Kluges, Schönes und Aufregendes geben. Das zu predigen wird die der Mitte angeschlossene Affirmationspublizistik nicht müde, und immerzu darf man sich anhören, man lebe in den großartigen Verhältnissen, deren Existenz die mediale Meute sich und anderen ganz dringend einreden möchte.

Wozu Mitte? Wieso begeben sich Menschen, die doch ernstgenommen sein möchten, freiwillig auf ein Terrain, das im bundeswehrigen Trinkspruch „Zur Mitte, zur Titte, zum Sack, zack-zack!“ seinen wahren Ausdruck findet? Wo es doch in den „Bremer Stadtmusikanten“ sinngemäß heißt: „Etwas Besseres als die Mitte finden wir überall.“ Man muss nur losgehen und es suchen. Manchen bringt ja attac auf den Geschmack.

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