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social mediaTutanchamun und die Liebe

Aus altem Gold mach neu: Immer mehr Museen inszenieren sich mit Witz auf Social Media. Das Ägyptische Museum München etwa als Ort der Liebe – und der Trennung

Foto: @aegyptisches_museum_muenchen

Museen sind großartige Orte für Dates. Nicht nur für das erste oder zweite, auch für das hundertste. Gut, vielleicht ist es nicht ideal, sich in der vollgestopften Abgusssammlung der Universität Tübingen durch die enorm einschüchternde Körperlichkeit antiker Götter zu quetschen. Aber andere Kollektionen können romantikfördernd wirken. Die Sinnlichkeit von Renaissancemalerei etwa oder verstandraubende Lichtinstallationen.

Museen zeigen uns nicht nur eine neue Welt, sondern auch, wie die andere Person tickt. Kann auch sie über den Humor von Frans Hals lachen? Staunt sie vor der Fischsammlung im Naturkundemuseum? Wie viel Spaß hat sie dabei, auf Knöpfe zu drücken, damit im Museum für Technik Dinge blinken oder laute Geräusche machen? Wie reagiert sie auf die Raubgüter des Kolonialismus?

Wer im Spionagemuseum durch den Laser-Parkour turnt und ein kleines bisschen mit Beweglichkeit angibt, kann sich gleichzeitig fragen: Warum finde ich Geheimcodes gerade spannender als mein Gegenüber? Nicht vorrangig, aber auch deswegen ist es tragisch, dass die Politik die Gelder kultureller Einrichtungen so sehr schmälert.

Doch aus dem alten Gold in Form von kulturell bedeutsamen Klunkern erschaffen öffentliche Einrichtungen dieser Tage neues Gold für die neuen Medien. Das Insta-Game des Ägyptischen Museums München etwa pendelt umwerfend zwischen Information, Begeisterung, Peinlichkeit und Selbstironie.

Dabei liefert es auch das Glanzstück-Video „Orte zum Schlussmachen im Ägyptischen Museum München“: Zur melancholischen Meme-Melodie „Imaginators“ von Jay Varton zeigt es Exponate und titelt dazu wunderbar stumpfe Schlussmachzeilen. Goldschmuck: „Unsere goldenen Zeiten sind vorbei.“ Sarkophage: „Unsere Beziehung ist tot.“ Zerbrochene Hieroglyphen: „Ich verstehe dich einfach nicht mehr.“

Will man so Schluss machen? Nein, das wäre arg gemein. Will man von Freun­d*in­nen mit solchen Sprüchen aufgefangen werden, wenn die Beziehung endet? Ja! „Schau, ich weiß, deine Welt geht gerade unter. Sollen wir uns eine andere anschauen, die das schon hinter sich hat?“

Johannes Drosdowski

@aegyptisches_museum_muenchen, auf Instagram

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