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sexynessBlow-up impossible

Gefühlte Temperaturvon Harriet Wolff

Roger“, ruft der massige Mann in sein Walkie-Talkie. Mein Handy hat keinen Saft mehr. Deshalb bin ich auf Steckdosensuche. Schon klar: Wichtigstes Utensil für fahrendes Journalistenvolk ist ein mobiles Multifunktionsaufladegerät. Doch: Hätte ich eins dabei, wäre ich jetzt nicht mit diesen zwei Herren in einem Raum. Der andere, ein Hänfling, starrt unablässig sein Smartphone an. Meine Mission ist eigentlich, die Pressekonferenz der neuen zwischenstaatlichen Initiative „Mission Innovation“ zu covern, wie es auf Deutsch heißt.

Obama wird erwartet, Bill Gates ebenso – der Gründer des milliardenschweren Privatclubs „Breakthrough Energy Coalition“. Natürlich Oberhausherr Hollande, der japanische Premier Abe, Indiens Staatschef Modi sowie weitere Oberhäupter und -häupterinnen. Merkel nicht. Die Pressekonferenz ist für 16 Uhr anberaumt, doch passieren tut erst mal lange nichts. Noch mal: Wäre es gleich zünftig losgegangen, wäre ich nicht in diesen Raum geraten. Was machen eigentlich der Bulle und der Hänfling hier? „Are you security?“ – „Yes, Mam, for the President.“ Draußen trabt die Berittene vorbei. „He is on his way, roger“.

Ich entdecke eine fette Fünffachsteckdose. „May I?“, frage ich den Bullen. Er guckt skeptisch auf das Teil. „Can I produce a major blow-up by using it?“, schicke ich hinterher. Er zieht die Mundwinkel hoch: „No, but you need an adapter.“ – „I’m from Germany“, sage ich. Er kapiert den technischen Aspekt meiner Antwort sofort.

Jetzt aber, nach kurzer Aufladezeit, hinein in den Nelson-Mandela-Saal. Es ist mittlerweile 16.30 Uhr, der Japaner Abe steht als einer der ersten Staatschefs verloren alleine vorn auf der Bühne und kratzt sich an der Nase, als der – Herrgottsack! – extrem gut aussehende neue Chef der Kanadier, Justin Trudeau, dazukommt. Trudeau wirkt wie ein intellektueller Skilehrer und sein spitzes Kinn ist schlicht sexy.

Der Japaner Abe steht als einer der Ersten auf der Bühne und kratzt sich an der Nase

Hollande kommt, verteilt „Bisous“. Dann schlappt Bill Gates hinein, und er sieht immer noch so aus, als hätte er gerade in einer Garage eine Erfindung gemacht. Kurz laufen sehr viele Männer sehr hektisch herum. Dann kommt er: The President. Obama springt auf die Bühne: „Sorry for the delay, ladies and gentlemen, thank you for having me.“

Als wenig später Indiens Premier Modi leicht ermüdend durchaus wichtige Phrasen zur Klimapolitikumkehr in wunderbarem Hinglish abliest, schweift Obamas Blick ab. Wir gucken uns kurz an. Tut mir leid, Mr President – Trudeau hat noch mehr Sexappeal.

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