piwik no script img

schurians runde weltenKonstruktives Misstrauensvotum

„Ich kann heute schon sagen, es kommt der Tag X, da wird der eine oder andere Spieler ‚Scheiße‘ sagen.“ (Rudi Assauer)Wenn Sportler „Ja“ sagen, kommen auch verdunkelte Karrieren wieder ans Tageslicht. Etwa die von Tennisspielern, die einmal eine Grand-Slam-Woche überstanden oder einen Davis-Cup-Krimi. Das prägt.

Erinnern sich die 54-er gerne ans Wankdorf-TV hinterm Anstandsbier, habe auch ich zwei Fernsehereignisse vor Augen, als wären sie gestern geschehen: Ich weiß noch, wo und wie ich das Misstrauensvotum gegen Helmut Schmidt erlebte. Unter Tränen auf einem Hocker in einer Pommesbude in Göttingen. Die Freunde spielten lieber Billard.

Ähnlich prägend war eine Übertragung aus der Frankfurter Festhalle, drei Jahre und drei Tage später: Michael Westphal ging über seine Schmerzgrenze, besiegte Tomas Smid im Davis-Cup. Sechs Jahre später starb er an Aids, seine Frau heiratete Michael Stich, ließ sich scheiden, ging mit Em-TVler Florian Haffa, wurde schwanger, Vaterschaftsstreit.

Auch den Tennismarathon sah ich auswärts, in der Kölner Filmdose. Wenn im erwachten Beckerland nicht Tennis flimmerte, wurde „Geierwally“ gegeben, der ausgerechnet Klatschtunte Ralph Morgenstern den ersten Erfolg verdankt. Bestimmt ist auch Morgenstern eingeladen, Roberto Blanco wird kommen, wenn sich Hendrik Dreekmann und Susen Tiedtke das Ja-Wort geben.

Und wiederum schließt sich ein Kreis: Dreekman wurde berühmt, weil er vor drei Jahren eine Karriere beendete, die er gar nicht hatte. Weitspringerin Tiedtke holte mal Silber, dafür trägt ihr Lebensweg tragische Züge: Sie wollte turnen, war zu groß. Wollte siegen, das tat Heike Drechsler. Wollte lieben, fand einen US-Boy, der Geld verzockte, einen adeligen Hundehalter, der mit ihr eine Hot-Dog-Bude aufmachte. Erst nachher sagte Tiedtke: Sie hasse Hunde.

Dann Playboy, keine Olympia-Qualifikation, Dreekmanns Arme – nun ein Schröttinghausener Ex-Pizzabäcker und Eventmanager. Ein Trost: Die ostwestfälische Alptraumhochzeit, Ende Januar in Bielefeld, wird mir kein Fernsehereignis. C. SCHURIAN

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen