schreiber, der „vermittler“: Strauß-Intimus
Karlheinz Schreiber, der Kaufmann mit der deutschen und kanadischen Staatsbürgerschaft, zählte nach eigenen Worten bei großen internationalen Geschäften viele der Mächtigen dieser Welt zu seinen Gesprächspartnern. In den Siebziger- und Achtzigerjahren unterhielt er engste Kontakte zum damaligen bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Übervater Franz Josef Strauß. Während die einen ihn als Waffenhändler bezeichnen, hat sich Schreiber selbst immer als „Vermittler in internationalen Angelegenheiten“ gesehen.
Vom Teppichhändler arbeitete er sich hoch bis zum Inhaber mehrerer Straßenmarkierungsfirmen. Der aus einem kleinen Dorf im Harz stammende Schreiber kaufte bereits Anfang der Siebzigerjahre eine Firma in Kanada und baute dort und in anderen Ländern seine Kontakte aus.
Beihilfe zum Betrug
Die Augsburger Staatsanwaltschaft hat im März 2000 Anklage gegen Schreiber sowie gegen zwei ehemalige Thyssen-Manager und den Ex-Verteidigungsstaatssekretär Holger Pfahls (derzeit auf der Flucht) erhoben, außerdem gegen Walther Leisler Kiep, den früheren Schatzmeister der CDU. Anfang August ließ die 10. Strafkammer des Augsburger Landgerichts bis auf den Part Kiep die Anklage nahezu uneingeschränkt zu und eröffnete das Hauptverfahren. Schreiber wird Steuerhinterziehung in zweistelliger Millionenhöhe vorgeworfen sowie Bestechung (3,8 Millionen an Holger Pfahls), Beihilfe zum Betrug und zur Untreue.
Bei Schreibers Projekten geht es um ein Panzergeschäft mit Saudi-Arabien (1991), bei dem 36 Fuchs-Spürpanzer an den Wüstenstaat geliefert wurden, um die Lieferung von 34 Airbussen an Air Canada (1988), um zwölf MBB-Hubschrauber für die kanadische Küstenwache (1985) und um ein Projekt namens Thyssen-Bearhead, das in den Achtzigerjahren unter anderem den Bau einer Panzerfabrik, ebenfalls in Kanada, vorsah.
Schreiber beteuert, seine kanadische Firma BituCan habe die Beraterhonorare bekommen. Er habe von 1988/89 bis 1993 über 18 Millionen Mark an Honoraren in Deutschland versteuert. Bei dem Fuchs-Spürpanzer-Geschäft mit Saudi-Arabien seien von den deutschen Finanzbehörden „Nützliche Aufwendungen“ genehmigt worden. Allein in diesem Fall mussten 188 Millionen Mark Schmiergelder bezahlt werden.
„Nützliche Aufwendungen“
Die Süddeutsche Zeitung hatte schon 1997 von einer Besprechung der Thyssen-Manager mit dem Finanzamt für Konzernbetriebsprüfung Düsseldorf II berichtet, bei der ausgerechnet wurde, dass für die Erteilung des 400-Millionen-Auftrags „Provisionszahlungen von zirka 47 Prozent erforderlich“ seien. Die Abzugsfähigkeit wurde genauso anerkannt wie die „Nützlichen Aufwendungen“ für das Hubschraubergeschäft mit Kanada. Dabei habe er gar nichts mit diesen „Nützlichen Aufwendungen“ zu tun gehabt, versichert Schreiber. Diese seien von Thyssen, MBB und Airbus Industries beantragt worden.
Reinhard Nemetz, der Chef der Augsburger Staatsanwaltschaft, meint in Bezug auf Schreibers Enthüllungen, dieser solle sich doch einfach dem Verfahren stellen und seine angebliche Unschuld beweisen. Was Schreibers Drohungen in Richtung bayerische Staatsregierung angeht, meint der Chefermittler: „Auf Bayern bezogen, gibt er mehr oder weniger nichtssagende oder meinetwegen sibyllinische Erklärungen ab. Wenn er etwas auf den Tisch legen kann, was strafrechtlich relevant ist, dann ist er nicht gehindert, ein Fax-Gerät zu bedienen, und innerhalb weniger Minuten ist die Erklärung bei uns.“ KW
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