schnittplatz: Bush-Biedering
Hi-hi-hilfe! Irgendwann gestern, kurz vor dem Bush-Besuch, gab es in Berlin einen lauten Knall, gefolgt von einem Schmerzenskiekser. Georg Gafron, dessen schmutzigkleines Medienimperium (bestehend aus der Zeitung B.Z., dem Seichtwasser-Radio 100,6 und dem Lokalsender TV.B) im Zuge der Kirch-Krise auf das Boulevardblatt zusammengeschmolzen war, wird auf einer Schleimspur ausgerutscht und hingeplumpst sein. Vielleicht ist er auch mit dem Welt-Chefredakteur Wolfram Weimer zusammengestoßen. Beide, Gafron und Weimer, haben diese Schleimspur vermutlich unabsichtlich produziert, sie ist wohl mehr oder weniger automatisch aus den Leitkommentaren ihrer Blätter hinausgeölt und in Richtung US-Präsident gelaufen.
Ob Bush die Ehre zu schätzen wusste? Ob Bush das B.Z.-Poster auf der letzten Seite („für das Autofenster“), das das Präsidentenkonterfei vor dem Star Spangled Banner mit einem patriotischen „Die B.Z. und ihre Leser begrüßen George W. Bush!“ zeigt, gesehen hat? Ob Bush den in holperigem Englisch verfassten Welt-Kommentar Weimers („But let this be quite clear: the great majority of our people are definately not on the side of the protesters“, „America not only demands freedom but grants it as well“) gelesen hat? Ob er sich ins Fäustchen gelacht hat?
We don’t know. Was wir wissen, ist, dass die laut Veranstalter über 100.000 TeilnehmerInnen (B.Z.-Chef Gafron im amerikabeflaggten Kommentarkästchen: „Wieder ist eine radikale Minderheit dabei, den Ruf unserer Stadt in den Dreck zu ziehen!“) der friedlichen Demonstration gegen die Politik der USA zu den „Idioten“ (B.Z.) gehören, die über 50 % der Bevölkerung ausmachen: So viele Deutsche halten (laut einer Spiegel-Umfrage) Bush für unfähig. Aber wenn man sich’s genau überlegt: diese „Idioten“ bräuchten sich ja eigentlich auch gar nicht die B.Z. zu kaufen, und auch nicht die Welt. Bräuchten sie nicht. Dann müssen sie sich auch nicht ärgern. JENNI ZYLKA
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