schluss mit dem cornflakesterror:
von RALF SOTSCHECK
Eier sind Fehlkonstruktionen. Was hat sich die Natur eigentlich dabei gedacht? Im Supermarkt muss man die Kartons öffnen, um die Unversehrtheit der Eier zu überprüfen, beim Einpacken an der Kasse muss man beachten, dass man nichts auf den Eierkarton stellt, und dann reißt die Tüte und man hat den Eiersalat. Kurzum: Hühnerprodukte sind wie rohe Eier zu behandeln.
Doch nun ist Schluss damit. Britannien, die Insel der kulinarischen Überraschungen, hat das Problem genial gelöst: Eier aus der Plastikflasche. Deans Food, die Erfinder des schalenlosen Eis, bejubeln ihr Produkt als Durchbruch auf dem Gebiet der Lebensmittelsicherheit: „Die ganze Frische ohne die Schale“, so die Werbung. Wie oft komme es vor, fragt Deans’ Forschungsdirektor Barry Vigus, dass beim Eiaufschlagen ein Stück der Schale abbreche und im Rührei lande? Möglicherweise sterben täglich dutzende Briten an verschaltem Rührei, und niemand hatte bis jetzt etwas dagegen unternommen.
Die Flasche in Form einer Eieruhr enthält fünf pasteurisierte Eier und kostet umgerechnet zwei Mark. Ist die Flasche einmal geöffnet, muss man den Inhalt binnen drei Tagen verbrauchen. Und das geht spielend: Man kann das Flaschenei direkt in die heiße Pfanne quetschen, und fertig ist das Rührei.
Auf wen zielt das Produkt jedoch ab? Wer zu faul ist ein Ei aufzuschlagen, wird auch mit der Eierflasche nicht zum Hobbykoch. Und wer zu blöd ist ein Ei sachgemäß zu behandeln, sollte erst recht die Finger vom Herd lassen. Das machen übrigens immer mehr Briten. Sie verbringen nur noch eine Stunde und 50 Minuten in der Woche mit Kochen aus Vergnügen. Vor zehn Jahren standen sie noch doppelt so lange am Herd. Seitdem sind allerlei nützliche Produkte auf den Markt gekommen, mit deren Hilfe sich Zeit sparen lässt, die man vorher mit der lästigen Essenszubereitung verplempert hat.
Wer hat sich beim Frühstück nicht schon mal über die Umstände geärgert, die ein Teller Cornflakes macht: Karton aus dem Schrank nehmen, Milch aus dem Kühlschrank holen, beides nacheinander in einen Teller geben und obendrein einen Löffel aus der Schublade ziehen. Endlich hat der Cornflakesterror ein Ende – dank Rumblers. Das sind kleine Cornflakes-Schachteln mit eingebautem Behälter, in dem sich gerade so viel fettarme Milch befindet, wie man für die Cornflakes benötigt. An der Seite der Schachtel ist ein Klapplöffel befestigt: Aufklappen, Schachtel aufreißen, Milch über die Cornflakes, schlucken, fertig. Und der Rest wandert in den Müll.
Auch an Vitamin C kommt man inzwischen ohne Werkzeug heran, und man muss sich nicht mehr die Fingernägel verbiegen. In den Supermärkten gibt es geschälte und in mundgerechte Häppchen zerlegte Orangen in Frischhaltefolie.
Eine Herausforderung bleibt jedoch für britische Wissenschaftler: Falls es einem von ihnen gelingt, das Leibgericht der Nation – Roastbeef mit Quetschkartoffeln und zerkochtem Gemüse – in eine Tube zu zwängen, wird ihn die Queen zum Ritter schlagen. Gourmets werden ihn lieber aufgeschlagen in die Pfanne hauen.
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