rüttgers und das klima : Im Dienste der Giftspucker
Die Briefe waren zahlreich, ihr Erfolg sicher. Auch die großen Anzeigen erheischten Aufmerksamkeit, erst recht die eloquenten Lobbyisten in Politikerrunden. Klimaschutzziele wurden damals nicht mehr diskutiert: Der Ölmulti Exxon hatte im vergangenen Jahrzehnt Millionen für die Leugnung des Klimawandels ausgegeben. Und wahrscheinlich kurzfristig Milliarden für neue Anlagen, für Ausgleichszahlungen eingespart. Die Energie-Lobby ist eine der mächtigsten der Welt. Und nun vertritt auch noch Jürgen Rüttgers die Interessen dieser schädlichsten aller Industrien, schreibt seinerseits klagende Briefe an die Bundeskanzlerin, entsendet seine Leute nach Berlin. Er bedient sich derselben Worte wie die Könige der Branche.
KOMMENTAR VON ANNIKA JOERES
Schon im Sommer hatten Lobbyisten aus NRW dafür gesorgt, dass die Klimazertifikate für Unternehmen kostenlos bleiben. Schließlich hatten die Kraftwerkshersteller gedroht, die sieben geplanten Kraftwerke in NRW nicht zu bauen, falls sie die Zertifikate teuer bezahlen müssten. Bei Rüttgers stießen sie damit auf offene Ohren, ebenso wie die Drohungen der RWE-Aufsichtsratssitzung an diesem Mittwoch: Der Essener Konzern kündigte an, alle Investitionen in Deutschland zu stoppen, falls ihm die Bundesregierung keinen größeren Kohlendioxid-Ausstoß erlaubt.
Rüttgers hat Angst um seine Großkonzerne – offensichtlich mehr als um die einschneidenden Folgen der Klimakatastrophe. Sie werden viel teurer sein, die Wirtschaft weitaus mehr belasten als die aktuellen Präventionsmöglichkeiten. Der britische Wissenschaftler Nicolas Stern bewies kürzlich, dass Untätigkeit arm macht: Auf 550 Billionen Euro beliefen sich die Kosten von geschmolzenen Gletschern, warmen Meeren und verwüsteten Landstrichen. Diese Kosten ignoriert Rüttgers. Dabei wirbt mittlerweile selbst Exxon für einen konsequenten Schutz des Klimas. In vielen Briefen.