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"Zweiter Kalter Krieg"

■ China verteidigt Bevölkerungspolitik: "antichinesische Einstellung" der US-Regierung und der Medien

Peking (dpa/AFP) – China hat Vorwürfe zurückgewiesen, sein strenges Familienplanungsprogramm sei „unmenschlich“. Übermäßiges Bevölkerungswachstum sei ein „äußerst ernstes Problem“ und entscheide über „das Überleben und die Entwicklung der chinesischen Nation“, heißt es in einem Weißbuch, das gestern mit Blick auf die Weltfrauenkonferenz Anfang September in Peking vorgelegt wurde.

„Einige Leute verdrehen und ignorieren grundlegende Fakten, ... machen unangemessene Kommentare über Chinas Familienplanungsprogramm, kritisieren es als eine Verletzung der Menschenrechte und prangern es als inhuman an“, heißt es darin weiter. Sie wollten China „ihre Werte überstülpen“ und sich in die inneren Angelegenheiten Chinas einmischen. „Das ist völlig inakzeptabel.“ Die 1,2 Milliarden Menschen und das jährliche Wachstum um 14 Millionen seien eine „schwere Last für China“. 70 Millionen lebten unter der Armutsgrenze.

Das chinesische Familienplanungsprogramm sieht weitgehend die Ein-Kind-Familie vor. Um diese Vorgabe zu erfüllen, wird oft zu harten Maßnahmen gegriffen. Es gibt Abtreibungen bis kurz vor der Geburt. Erzwungene Abtreibungen werden von der Regierung bestritten, aber von Betroffenen und MedizinerInnen bestätigt.

Auf eine Geburt kämen statistisch 0,3 Abtreibungen. Verboten sei die „selektive Abtreibung“ von Mädchen, die in China einen niedrigeren Stellenwert haben als Jungen. Ehepaare in landwirtschaftlichen Gebieten dürften zwei Kinder haben.

„Beziehungen zu den USA auf dem Tiefstand“

Mit scharfen Worten hat Peking gestern auf die vor allem in den USA erhobene Kritik gegen China reagiert. Die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua forderte eine Änderung der „antichinesischen Einstellung“ in den Vereinigten Staaten, um einen „zweiten Kalten Krieg“ zu vermeiden. „Wir würden gern Amerikanern mit antichinesischer Einstellung raten, ihre anachronistische Denkweise und hegemoniale Psychologie aufzugeben“, hieß es in einem gestern veröffentlichten Kommentar. Die US-chinesischen Beziehungen seien „auf dem tiefsten Stand seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen vor sechzehn Jahren“.

Als Gründe für die angespannten Beziehungen nannte Xinhua den kürzlich erfolgten USA-Besuch des taiwanesischen Präsidenten sowie China-kritische Stellungnahmen von Wissenschaftlern oder Journalisten in einflußreichen US-Medien. China werde als „neues Reich des Bösen“ dargestellt, das ein „kriegerisches Verhalten“ an den Tag lege. Es werde der Eindruck geschaffen, daß es „keine wichtigere Strategie für das 21. Jahrhundert gibt, als den Aufstieg Chinas zu behindern“. Diese „Angriffe“ lösten bei dem chinesischen Volk Wachsamkeit aus.

Trotz der US-Bemühungen, China militärisch, wirtschaftlich und politisch zugrunde zu richten, sei die Stärke Chinas jedoch gewachsen. Unterdessen wurde in Washington die Vermutung laut, China könnte den US-chinesischen Menschenrechtler Harry Wu nach einem Verfahren freilassen, um damit möglicherweise einen Besuch Hillary Clintons bei der Weltfrauenkonferenz in Peking zu begünstigen.

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