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"Wir lehnen diese Sichtweise ab!"

■ betr.: "Zoff um den Alexanderpalast", taz vom 28.7.90

LESERiNNENBRIEFE

Betr.: „Zoff um den Alexanderpalast„;

taz vom 28.7.90

In seinem Artikel über die Streitigkeiten um die Nutzung des Gebäudekomplexes Brunnenstraße 6/7, Berlin-Mitte, unterliefen Olaf Kampmann nicht nur einige grobe sachliche Schnitzer; er projizierte, so vermuten wir, seine taz -internen Erfahrungen im Ost-West-Hickhack auf uns und verfälschte unser Anliegen damit völlig.

Zunächst zu einigen sachlichen Fehlern: Kampmann behauptet, der Alexanderpalast e.V. sei neuerdings im Besitz eines Optionsvertrages mit der Wohnungsbaugesellschaft Mitte GmbH. Das ist falsch. In Wirlichkeit handelt es sich lediglich um eine Absichtserklärung. Den besetzten Häusern wurde dagegen vom Magistrat zugestanden, während der Dauer der Verhandlungen keine anderweitigen Nutzungen zu vergeben.

Kampmann behauptet ebenfalls, wir seien eine Gruppe von 20 FU-Studenten. Im Gespräch wiesen wir ihn mehrfach darauf hin, daß wir ca. 30 Personen beiderlei Geschlechts sind, von denen nur ein Teil studiert.

Das uns am Ende des Artikels in den Mund gelegte Zitat ist ebenfalls falsch. Der Satz: „Ich weiß nicht, was das soll, die können doch bei uns mitmachen“, ist nie gefallen. Im Gegenteil: Wir versuchten, in unserem Gespräch klarzustellen, daß wir die Kooperation mit anderen Kulturinitiativen suchen, wobei die Form der Kooperation von unserer Seite her offen ist. So könnten wir uns auch vorstellen, daß wir bei anderen Initiativen mitmachen. Raum für mehrere Initiativen wäre auf dem Gelände vorhanden eine Zusammenarbeit ist also prinzipiell möglich.

Mangelnde Kooperationsbereitschaft befürchten wir dagegen von einigen Mitgliedern des Alexanderpalast e.V. Die VertreterInnen des Vereins, die uns letzte Woche mit zwei (West-)Architekten in Begleitung besuchten, redeten nicht mehr von Kooperation, sondern legten uns nahe, nicht mehr soviel Geld, Energie und Arbeit in unser Projekt zu stecken, da wir im Herbst sowieso das Gebäude verlassen müßten. Sie weigerten sich außerdem, uns ihr Konzeptionspapier zu überlassen. Das schon länger vereinbarte und auch im taz -Artikel erwähnte Treffen am Sonntag nachmittag schließlich konnte nicht stattfinden, da keine VertreterInnen des Alexanderpalast e.V. erschienen.

So wissen wir bisher über die Pläne dieses Vereins noch recht wenig. Über die im taz-Artikel dargelegten allgemeinen Zielsetzungen hinaus ist uns nur noch bekannt, daß der Finanzrahmen sieben bis zehn Millionen DM betragen soll, sich das Projekt (durch Westgelder?) privat finanzieren will und daß mit einer Bauzeit von mindestens vier Jahren gerechnet wird, in denen von diesem Gelände keinerlei politische oder kulturelle Initiativen ausgehen würden.

Wir wollen dagegen schon in einigen Wochen beginnen. Wir richten im Augenblick ein Info-Cafe ein und sind dabei, eine Druckerei aufzubauen. Außerdem sollen demnächst größere Mehrzweckräume fertig werden, die dann politischen und kulturellen Gruppen zur Verfügung stehen sollen.

Wenn Olaf Kampmann uns in seinem Artikel als „Wessis“ hinstellt, die im Osten bereits existierende Initiativen plattmachen, so wird er der Situation in keinster Weise gerecht. In plattestem Boulevardstil reduziert er den Konflikt auf die reine „Ossi„-„Wessi„-Schiene. Wir lehnen diese Sichtweise ab.

Wir wollen weder Westkultur noch Ostkultur, sondern Kultur von unten möglich machen - und zwar hier im Zentrum der Stadt, in Berlin-Mitte.

Verein zur Erhaltung der Brunnenstraße 7 (VEB7

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