Das Portrait: "Werbetussi"
■ Claudia Cornelsen
Sekt schlürfen, Designerklamotten tragen und sich in Oberfächlichkeiten ergehen – über die Glamourwelt der Public-Relation-Branche gibt es viele Klischees, die den „progressiven“ Idealen der linken Szene diametral entgegenstehen. Dabei kommt auch der sogenannte Alternativsektor zunehmend weniger ohne professionelle PR aus: Ob Verkehrsinitiative, Betreuungseinrichtungen im Sozialbereich oder freie Thaterprojekte – sie alle wollen wissen, wie sie die Öffentlichkeit erreichen, ideelle sowie finanzielle Unterstützung organisieren können.
Claudia Cornelsen Foto: privat
In diesem Spannungsfeld zwischen ethischem Anspruch und knallhartem Marketing bewegt sich Claudia Cornelsen, freie PR-Beraterin in Hamburg. Die 28jährige hat sich auf den „Non- profit-Bereich“ spezialisiert, nachdem sie den klassischen Werbemarkt genügend beackert hatte. So warb sie einst für Fielmann und den Bodyshop, heute hingegen sieht sie sich als „Robin Hood der Kommunikation. Ich verhelfe denen, die nicht reden können, zur Stimme“, meint die gelernte Redakteurin, die früher auch für die taz gearbeitet hat. Die Befriedigung, die sie aus dieser Art PR zieht, gleicht die Borniertheit und Hochnäsigkeit mancher „Linker“ aus, die zwar gerne ihre günstigen Dienste in Anspruch nehmen, gleichzeitig zu der „blöden, kapitalistischen Werbetussi“ auf Distanz gehen.
Um KundInnen werben muß Claudia Cornelsen nicht, die Arbeitsangebote flattern ihr meist unaufgefordert ins Haus. „Ich kenne sehr viele Leute und bewege mich in der Szene, für die ich arbeite“, so die studierte Kunsthistorikerin über das Geheimnis ihres Erfolges. Zudem steht sie beruflich nicht nur auf einem, sondern gleich auf drei Beinen. Neben ihrer PR-Arbeit verdient sie ihr Geld als Kursleiterin und als Ghostwriterin. Bücher über Mobbing, das Seelenleben von Führungskräften und Kundenbindung hat sie, versteckt hinter den großen Namen ihrer AuftraggeberInnen, schon verfaßt.
PR ist für Claudia Cornelsen eine Führungsaufgabe, die strategisches Handeln und konzeptionelles Denken erfordert. Als typische Dienstleistung bleibt Öffentlichkeitsarbeit allerdings im Hintergrund. „Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum sich in diesem Bereich so viele Frauen finden“, vermutet die 1,90-Meter-Erscheinung. Ihr Frausein hat ihr nach eigenem Bekunden noch nie berufliche Schwierigkeiten bereitet: „Mit Schuhgröße 43 kann man halt auftreten.“ Sigrun Nickel
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