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querspalteVerachtenswürdig offenbar: Das „W“ in George W. Bush

Aufgeregtes aus Berlin

Der Besuch des US-Präsidenten erregt die Gemüter, die im Fernsehen versichern, dass sie persönlich nichts gegen George W. Bush hätten und entgegen anders lautenden Vermutungen auch nichts gegen die Existenz des Halbkontinents Nordamerika. Besonders Radikale sprechen das „W“ mit einer gewissen Verachtung aus. Ich erinnerte mich an eine Mitdemonstrantin, 1987 bei der Demo gegen Reagan. Während die anderen skandierten: „Haut dem Reagan, diesem Geier, die Raketen um die Ohren“, hatte sie immer ganz schrill „Eier“ geschrien. Als wären die nun etwas ganz besonders Verwerfliches.

Eine Gesprächsrunde machte sich dann Gedanken über die Bilder, die nach Amerika gelangen. „Sind das nicht schlechte Bilder für die Wirtschaft?“, „ein kleiner schwarzer Fleck auf der Imageweste Berlins“ womöglich? Könnten nun US-Firmen lieber nach Polen gehen?

Doch solange es friedlich bleibt, werden es Menschen gewesen sein, „die tatsächlich glaubhaft für den Frieden demonstriert haben“, und das Fernsehen braucht nicht so viel zu berichten. Ein Demonstrant ruft nahe der Moderatorin was ins Mikrofon. Die sagt, das hätte ja nun nichts mehr mit freier Rede und Demokratie zu tun. Mit einem „Also hoffen wir, dass die Bilder friedlich bleiben“ verabschiedet man sich.

Später werden Touristen gefragt, was sie von den Protesten halten. „Ja, warum denn nicht“, sagt einer, während sich ein anderer darüber wundert, „dass so etwas überhaupt genehmigt wird“. In den Nachrichten wird von drei jungen Männern berichtet, die ein Plakat mit der Aufschrift „Bush go home“ anbringen wollten. „Der Staatsschutz ermittelt.“ Schlagzeile der Boulevardzeitung BZ: „George kommt. Berliner happy. Nur Idioten sind dagegen.“

Angewidert geht man flippern. Eine Freundin, die denkt, ich sei auf der Demo, schickt eine SMS: „Ich hol dich aus der Bullenscheiße raus dann, die Fickwichser“.

DETLEF KUHLBRODT

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