pride in hamburg: „Wir würden kein Adoptivkind bekommen“
Infoveranstaltung: „Total normal: lesbische und schwule Pflegeeltern“, veranstaltet von der Hamburger Pflegeelternschule, IFZ, Rostocker Straße 7, Seminarraum 1, 19 Uhr
Interview Inga Kemper
taz: Herr Koeser, wie sind Sie und Ihr Partner zu Pflegeeltern geworden?
Kai Koeser: Wir haben uns mit den verschiedenen Möglichkeiten beschäftigt, als Männerpaar eine Familie zu gründen, zum Beispiel mit Leihmutterschaft, Adoption oder Co-Parenting. In der Adoptionsstelle wurde uns klipp und klar gesagt, dass wir mit Sicherheit kein Adoptivkind vermittelt bekommen würden. Über die zentrale Adoptionsstelle in Hamburg, die uns intensiv beraten hat, sind wir dann in den Bewerbungsprozess für Pflegeelternschaft gekommen.
Ist es für gleichgeschlechtliche Paare schwieriger, Pflegeeltern zu werden?
Nein, es gibt schon ewig lange gleichgeschlechtliche oder homosexuelle alleinerziehende Pflegeeltern. Es war nur in der Kommunikation nicht wirklich prominent. Wir wurden sehr wohlwollend in den Hamburger Jugendämtern und bei den Trägern, die sich um die Vermittlung kümmern, aufgenommen. Bundesweit soll es ähnlich sein, was sicher damit zu hat, dass so dringend Pflegefamilien gesucht werden.
Bei der Adoption sieht das aber anders aus.
Für eine Adoption gibt es viel mehr Bewerber als Kinder, also auf jedes Kind kommen zehn Bewerber. Rechtlich sind die Voraussetzungen gleich, in der Praxis würde ich vermuten, dass die Jugendämter klassische Familien bevorzugen, wenn sie diese große Auswahl haben.
Was halten Sie von Leihmutterschwangerschaften für schwule Paare?
Kai Koeser, 40, lebt mit seinem Partner und zwei Pflegetöchtern zusammen.
Wir haben es für uns aus ethischen Gründen als Option ausgeschlossen, weil es mit einer finanziellen Gegenleistung für die Mutter verbunden ist. Wir haben uns dann immer vorgestellt, eines Tages mit dem Kind das Gespräch zu führen, dass wir seiner leiblichen Mutter Geld dafür bezahlt haben, dass es da ist. Ich kenne aber auch Leute, die auf diese Art zur Familie geworden sind, und das verurteile ich gar nicht grundsätzlich.
Wie sieht die Rollenverteilung bei Ihnen zu Hause aus?
Die ersten zwei Jahre war ich in Elternzeit und habe den Hauptteil der häuslichen Arbeit übernommen. Als gleichgeschlechtliches Paar ist es sehr viel weniger klar, was wer macht. In vielen heterosexuellen Familien wird immer noch vorausgesetzt, dass die Frau diejenige ist, die zurücksteckt. Diesen Automatismus gab es bei uns nicht. Es musste ausgehandelt werden, wer was besser kann oder lieber macht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen