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Aufregung um Star des FC LiverpoolEne, mene, Ökumene

Fußballer Mo Salah zeigt sich mit der Familie vor einem Weihnachtsbaum und wird danach angefeindet. Was ist da eigentlich los?

Stochern im Nebel: Liverpools Mohamed Salah versucht den Leicester-City-Profi Victor Kristiansen abzuschütteln Foto: Reuters/David Klein

I n den Weiten des Netzes ploppen mitunter lustige Fotos auf, auch oder gerade von Fußballern. Der ehemalige Mittelfeldspieler Mesut Özil scheint sich laut fotografischer Selbstauskunft nun auf ein Wrestling- oder Bankdrückduell mit dem ehemaligen Keeper Tim Wiese vorzubereiten. Torwart Manuel Neuer postet ein Drahtgestell, das wohl einen Weihnachtsbaum darstellen soll.

Und der Angreifer Mo Salah vom FC Liverpool sitzt mit seiner Familie im rot karierten Schlafanzug vor einem recht verkitschten Weihnachtsbaum; sie tragen alle Pyjamas im gleichen Stil. Aber über den Look echauffiert sich das Netz nicht, sondern mehrheitlich darüber: Wie kann es sein, dass ein Muslim sich samt Familie vor so einem Symbol der christlichen Tradition zeigt? Verrät Mo Salah damit nicht seinen Glauben? Warum ist er nicht so vorbildlich wie Karim Benzema, der sich wieder mit erhobenem Zeigefinger, dem sogenannten Tauhīd-Finger, hat ablichten lassen?

Es gibt seit Tagen die schlimmsten Verwünschungen in Richtung Salah, und die folgende eines X-Nutzers ist dabei wohl prototypisch: „Salah, fürchte den Tag, an dem du den höchsten Schöpfer triffst“, steht da im Duktus einer Drohung. Was all die Hater und selbst ernannten Hüter religiöser Dogmen vergessen haben: Der Ägypter Salah spielt seit dem Jahr 2012 in Europa, erst in der Schweiz, dann in Italien und England.

Eintauchen ins Brauchtum

Seit 13 Jahren taucht er auch im Dezember ins kontinentale Brauchtum ein. In England ist es zudem schwierig, zwischen den Jahren nach Hause zu jetten, denn die Premier League macht keine Pause. Sie spielt auch am Boxing Day. Warum sollte sich Salah, der im Übrigen weit davon entfernt ist, ein Renegat zu sein, in diesen Tagen nicht einen Weihnachtsbaum in sein bescheidenes Heim stellen? Warum nicht ein bisschen „Jingle Bells“ auflegen und die Socken an den Kamin pinnen?

Das hat alles eine christliche Note, das schon, aber gleichzeitig befindet sich das Weihnachtsfest unter Beimischung von Weichspüler in einer kulturellen Waschmaschine, die aus dem christlichen Fest mehr und mehr ein säkulares macht. Jeder klaubt sich jene Versatzstücke heraus, die ihm passen, und eignet sich das Brauchtum an. Es ist eine Art cherry picking, also eine Rosinenpickerei, und jeder macht da auf seine Weise und nach Gusto mit: der Atheist aus Eisenhüttenstadt, die jüdische Familie in Berlin-Charlottenburg – oder Türken in Kreuzberg.

Weihnachten ist ein Fest für alle. Es spricht auch für die Wirkmacht dieses Festes, dass sich alle in ihm wiederfinden können, ohne das Gefühl zu haben, sie gäben etwas auf oder würden ausgeschlossen von strengen Riten oder Religionswächtern.

Wer in den vergangenen Tagen so verwegen war und sich den Weihnachtsmarkt am Berliner Alexanderplatz gegeben hat, der konnte das Amalgam von Menschen aus aller Herren Länder sehen und wohl auch deren unterschiedliche religiöse Prägung. Dass da nun auch Dutzende Polizisten am Rand der Buden unterwegs sein müssen, ist freilich tragisch.

Das von Mo Salah gepostete Bild wirkt daher in diesen Tagen, in denen uns allen noch die Bilder von Magdeburg durch den Kopf schwirren, durchaus versöhnlich, sagt es doch all den Verbohrten und Verirrten: Eine, nun ja, weihnachtliche Ökumene ist möglich, sie ist friedlich und gemeinschaftlich.

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Redakteur
Seit 1998 mehr oder weniger fest bei der taz. Schreibt über alle Sportarten. Und auch über anderes.
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7 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Fanatiker tun niemandem gut.

  • Salah darf sich unsere germanisch-heidnische Tradition gern genauso kulturell aneignen, wie es das Christentum getan hat. Oder zum heiligen Sankt Nussknacker tanzen oder eine Cola vom Apostel Weihnachtsmann trinken. Wenn man es mit der Religion ernst nimmt, ist Jesus wohl auch ein vor Mohammed gekommener Prophet des Islam? Hat mir jedenfalls mal ein Muslim erzählt.

  • Die Hasskommentare in Richtung Salah geben einen Einblick in die fehlende Toleranz der Hassschreiber. Es wäre hilfreich zu analysieren, was das für Leute sind und welche Motive sie haben.

  • Das machen Salah und Family jedes Jahr zu Weihnachten und jedes Jahr gibt es die gleiche Empörungswelle aus einer gewissen Ecke und genau deswegen macht er das auch und steigert es jedes Jahr noch etwas.

  • Tatsächlich gibt es auch solche weltoffenen Muslime. Meine Arbeitskollegin ist Muslima und auch total begeistert von Weihnachten. Sie liebt den Weihnachtsbaum und vor allem, diesen zu Schmücken und auch Weihnachtsmärkte un die ganze Atmosphäre von Weihnachten. Ja, tatsächliche sind auch Muslime fähig, andere Religionen zu respektieren. Es sind nicht alle religiöse Fundamentalisten.

  • Wer bringt den Muslimen bei, dass der Weihnachtsbaum nichts mit Christentum zu tun hat?



    Und wer bringt es den Christen bei?

  • Wie kommt der Autor darauf, die Hater hätten vergessen, das Salah seit 13 Jahren in Europa lebt und damit in das nationale Brauchtum eingetauch ist? Es ist doch genau das, was sie ihm zum Vorwurf machen und aus deren Sicht, der Sicht fanatischer Muslime, ist Weihnachten eben kein Fest für alle, sondern zutiefst christlich und somit hat Salah das nicht zu feiern.