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ortsbesuchAngst vor der Zeit nach der Wahl

Die Meldungen über Bundestagsdebatten zu immer neuen Abschiebeforderungen sind längst auch in den Geflüchtetenunterkünften angekommen. Im „Ankerzentrum“ Bamberg leben 1.200 Menschen, Möglichkeiten für eine sinnvolle Beschäftigung gibt es kaum. Sprachkurse und Bildungsangebote gibt es nur vereinzelt, dank Organisationen wie dem Verein „Freund statt fremd“, der von der Sprachförderung über die Wohnungssuche bis hin zu Frauenberatung unterstützt. „Ohne uns gäbe es für die meisten Menschen mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus schlichtweg keine Sprachkurse“, heißt es bei dem Verein.

Immerhin: Das Ankerzentrum hat „Freund statt fremd“ Räume zur Verfügung gestellt, in denen der Verein sein Café Willkommen betreibt, Sprachkurse anbietet und ein Spielzimmer für Kinder eingerichtet hat. Die Verunsicherung aber bleibt. „Es sind zu viele Menschen auf engem Raum, alle mit unterschiedlicher Herkunft und Geschichte, aber mit derselben Angst, was mit ihnen passiert“, sagt Simone Oswald von „Freund statt fremd“. Die politischen Debatten im Land seien ein großes Thema. „Mittlerweile sprechen uns die Menschen ständig auf die Bundestagswahl an und fragen: Was wird nach Februar geschehen?“, sagt Oswald. Das schüre nochmals mehr Angst. Aber auch der Rest der Gesellschaft werde durch die polarisierenden Debatten skeptischer: Der Verein merke, dass die Vermittlung von Jobs oder Möglichkeiten für eine Unterkunft auf dem sowieso angespannten Wohnungsmarkt noch schwieriger geworden ist.

Die Frustration über die fehlenden Integrationsmöglichkeiten ist groß. „Ich dachte, wenn ich wirklich zeige, wie sehr ich mich integrieren und arbeiten möchte, dann wird das geschätzt und ich kann arbeiten gehen“, schildert eine der Geflüchteten. Nun sei man zwar in Deutschland angekommen, aber völlig isoliert und man erfahre nichts über seine neue Heimat. „Man muss ganz viel wollen, um sich zu integrieren, die Hürden sind hoch.“

Integration durch Sport:

Deutschland hat kein Migrations-, sondern ein Integrationsproblem. Dario Holzüber verpasste Chancen.

Online unter taz.de/panterjugend2025

Siwar A., der vor fünf Monaten aus Syrien geflohen ist, fühlt sich von der Politik alleingelassen: „Die Gesetze ändern sich ständig und man muss immer Angst haben, dass ein Verbrechen geschieht, das uns alle wieder bestraft.“ Auf den Verein „Freund statt fremd“ sei er durch Zufall gestoßen: „Es gibt Sprachkurse in Bamberg, aber die muss man selbst suchen. Im Ankerzentrum wird einem so etwas nicht gesagt.“ Fabian Englmann

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