noch 1 tag bis nizza: Die Probleme eines EU-Gipfels
Gegen ein Europa der Märkte
In Nizza, dessen Bürgermeister in den 90er-Jahren einer der Pioniere bei der „Reinigung“ seiner schicken Innenstadt von Obdachlosen und Bettlern war, werden sich heute Obdachlose, Arbeitslose, Papierlose und andere Rechtlose aus ganz Europa einfinden. Am Vorabend des EU-Gipfels werden sie ab 13.30 Uhr zusammen mit Mitgliedern des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) für ein soziales Europa und gegen jenes der Märkte und Börsen demonstrieren. Anschließend beginnen sie einen zweitägigen „Gegengipfel“ zu Themen wie Welthandel, europäische Betriebsräte, Rechtsextremismus und Frauenrechte.
Ihre Foren finden in kleinen Sälen und auf der Straße statt, denn Bürgermeister Jacques Peyrat hat dem anderen Europa den Zugang zu den großen Sportstadien verwehrt. Einige französische Arbeitsloseninitiativen sind seit Tagen zu Fuß in Richtung Côte d’Azur unterwegs. In Spanien, Deutschland und anderswo setzten sich gestern Sonderbusse und Flugzeuge in Bewegung.
Die Euro-Demos werden damit Teil des EU-Gipfel-Geschehens. Dafür sorgen sowohl die Antiglobalisierer von Seattle, Davos und Prag als auch die Lobbyisten des EGB, die neuerdings den Kontakt zu den sozialen Bewegungen suchen. Allerdings klaffen zwischen ihren Positionen Gräben. So unterstützt der EGB zum Beispiel die europäische Grundrechtscharta im Prinzip und verlangt ihre Verankerung in den europäischen Verträgen. Die NGOs hingegen nennen die Charta „einen Rückschritt“. Ihre Kritik: Das Recht auf Wohnung, auf Arbeit und Rente kommt darin nicht vor. Hingegen wird die „Unternehmerfreiheit“ auf den Rang eines europäischen Grundrechts angehoben. dora
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