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neues bäderkonzeptStartsprung ins warme Wasser

Aus den Berliner Bädern war bislang wenig Erfreuliches zu hören. Erstmals sollen in dieser Saison Sommerbäder geschlossen bleiben, und die Öffnungszeiten der Hallenbäder werden deutlich eingeschränkt. Der Badegast – ein unerwünschtes Wesen, das Ärger macht. Mit dieser Haltung wird noch der letzte Kunde vergrault, der die Einnahmen des gnadenlos defizitären Betriebs sichert. Frei nach dem Motto: Da geh ich baden. Jetzt hat der Senat umgelenkt, will den Bädern mehr unternehmerische Freiheit geben. Ein kleiner Schritt in die richtige Richtung – angesichts des politischen Willens, die Bäder-Subventionen zu streichen.

Kommentar von RICHARD ROTHER

Denn bislang wird den Bädern zwar immer vorgeworfen, uneffektiv zu wirtschaften – wirklich wirtschaftlich handeln konnten sie aber nicht. So konnten sie beispielsweise nicht die Grundstücke verwerten, auf denen die Anlagen stehen. Das soll jetzt anders werden. In Einzelfällen dürfen Bäder ihre Grundstücke an private Investoren verpachten. Diese müssten dann im Gegenzug die Gelder bereitstellen, die zur Sanierung der maroden Bäder nötig sind. Damit versucht der Senat, den bisherigen Teufelskreis zu durchbrechen. Weil das Geld für Investitionen fehlt, versiffen viele Bäder sichtlich, schrecken Besucher ab. Auf sinkende Einnahmen wird mit reduziertem Angebot reagiert – Einnahmen und Besucherzahlen sinken weiter.

Jetzt könnte es anders kommen: Der Sportartikelshop, das Fast-Food-Restaurant oder das Reisebüro steigen bei einem Bad mit ein, machen klar Schiff und profitieren von einem Ansturm der Kunden. Wer baden geht, braucht schließlich eine Badehose, bekommt großen Hunger und Sehnsucht nach chlorfreiem, warmem Wasser.

Die Pachteinnahmen geben dem Bad im Gegenzug die Möglichkeit, nicht nur bezahlbare Eintrittspreise, sondern auch Öffnungszeiten zu garantieren, die einer Großstadt angemessen sind. Der Senat hat die Leine ins Becken geworfen, jetzt müssen nur noch die Investoren anbeißen. Viel Spaß beim Sprung ins warme Wasser!

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