netzgeschichten :
DER BÖSE SPAMER UND DIE GUTE ZEITUNG
Thomas Pampuch, der sonst hier schreibt, ist verreist. Er treibt sich im Süden der USA herum, deshalb werden eine ganze Zeit lang nur noch hin und wieder in sein Tagebuch Einblick nehmen können. So eine Reise nämlich, sagt er, sei enorm zeitraubend. Und anstrengend außerdem, wie alles, was hartnäckig drauf besteht, in der analogen Welt stattfinden zu müssen.
Pause also in dieser Hinsicht, obwohl das Netz doch niemals schläft. Und dunkle Gestalten treiben sich dort herum. Hat man uns davor nicht immer gewarnt? Letzte Woche zum Beispiel sind im elektronischen Briefkasten dieser Zeitung gleich hunderte von Fehlermeldungen eingetroffen. Gewiss machen wir schon mal Fehler, aber so viele auf einmal nun doch nicht. Ein böser Mensch irgendwo da draußen war schuld daran, ein Spamer nämlich, einer, der sich einen Heidenspaß daraus macht, den Briefkasten anderer Leute mit Mails voll zu stopfen, die irgendwelchen Unsinn enthalten. Meistens geht es darum, in zehn Minuten zehn Millionen Dollar zu verdienen. Das ist zwar heute kein Problem, aber das macht man nicht mit einem Mailprogramm, sondern mit einem Portofolio-Manager, der zum Neuen Markt für Internetaktien durchgeschaltet ist.
In den USA denken Senatoren daran, den Spamern mit einem Strafgesetz das Handwerk zu legen. Das Einzige, was sie daran hindert, ist das berühmte „First Amendement“ der amerikanischen Verfassung. Wer Spam verbieten will, muss letzten Endes den Datenverkehr zensieren. In Deutschland ist man bisher überraschend liberal geblieben, was hauptsächlich daran liegen mag, dass es hier viel weniger Spamer gibt als in den USA.
Und in der taz gibt es ganz sicher keinen einzigen. Aber Spamer sind schlaue Köpfe, die wahrscheinlich Autos frisieren würden, wenn sie das Internet nicht noch viel lustiger fänden. Mit einem Mailprogramm jedenfalls können sie umgehen. John Wilson zum Beispiel kennt jede Schraube und beglückt die halbe Welt mit seinen Botschaften. Seltsamerweise meint er, dass alle seine unfreiwilligen Empfänger ebenso fest daran glauben, Mailwerbung dieser Art sei ein gutes Geschäft. Man möge deshalb seinem Club sofort beitreten, schreibt er. Wer aber vorher doch noch einmal – und natürlich ebenfalls per Mail – nachfragen möchte, wird darüber aufgeklärt, dass eine Absenderadresse im Briefkopf keineswegs die Adresse des Absenders sein muss. John Wilson firmiert gelegentlich als 03W1lThn0@taz.de oder als 0Ks9L6ipD@taz.de oder als 0OhA14mMB@taz.de.
Wilsons hat dutzende solcher Namen auf Lager. Absolut niemand heißt so, und niemand weiß, wer John Wilson ist, der wahrscheinlich nicht John Wilson heißt. Deswegen wissen wir auch nicht, was ihn bewogen hat, ausgerechnet den Domain-Namen der taz für seine Scherze zu missbrauchen. Wir protestieren hiermit gegen Unbekannt und versichern, dass wir niemals Briefe an Leute schicken, die wir nicht kennen und die uns nicht darum gebeten haben. Anders als dem John Wilson kann man uns das ruhig glauben. Wir sind nämlich eine Zeitung und haben es schon aus diesem Grund gar nicht nötig, zu solchen Methoden zu greifen. Wir schicken jeden Tag einen ganzen Stapel Papier an Leute, die wir nicht besonders gut kennen. Und ob der Inhalt, mit dem wir ihren analogen Briefkasten füllen, immer genau das ist, was sie gewollt haben – nun ja, wir nehmen im Interesse unserer stets bildungsbedürftigen Leser einfach an, dass es genau das ist, was ihnen gerade noch gefehlt hat.
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