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nebensache justizSchalldämpfer Diepgen

Jetzt hat es auch die CDU gemerkt: Der Verzicht auf ein eigenständiges Justizressort war ein Fehler. Seit der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) den Posten im vergangenen Herbst zusätzlich übernahm, ist die Justizpolitik zum Anhängsel des obersten Repräsentanten der Stadt degradiert worden. Justizpolitik ist damit zwar Chefsache, aber eben auch Nebensache geworden.

Kommentar von DOROTHEE WINDEN

Diepgen übt das Amt mit einer solch vornehmen Zurückhaltung und einer so konsequenten Geräuschlosigkeit aus, dass die Justizpolitik völlig von der Bildfläche verschwunden ist. In der Debatte um die Einschränkung des Demonstrationsrechts hat Diepgen dem CDU-Innensenator das Feld überlassen. Zur Justizreform der Bundesregierung war von Diepgen nichts zu hören. Nicht einmal die derzeitig rekordverdächtige Ausbruchsrate von Häftlingen aus Strafanstalten erregt Aufsehen. Diepgen wirkt wie ein präsidialer Schalldämpfer.

Dabei hat sich der Mann nur geopfert: Das Amt hat er übernommen, damit die SPD nicht als das erscheint, was sie nach dem Wahlergebnis von 1999 ist: der Juniorpartner der CDU, dem deutlich weniger Posten zustünden.

Ein eigenständiges Justizressort sollte daher sofort geschaffen werden und nicht erst ab 2004, wie es die CDU-Abgeordneten vorschlagen.

Mit den Gedankenspielen, die Senatsmannschaft wieder aufzustocken, bewegt sich die CDU allerdings am Rande der Lächerlichkeit. Es ist wenig glaubwürdig, erst die Verkleinerung des Senats mitzutragen und schon nach einem halben Jahr wieder rückgängig machen zu wollen. Den Senatoren stehen immerhin zwei Staatssekretäre zur Seite. Wer dann immer noch nicht zu Rande kommt, muss sich fragen lassen, ob er dem Amt gewachsen ist. Dann ist nicht das Ressort zu groß, sondern es fehlt schlicht an Format.

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