modernes leben: Manager und Journalisten
Wenn der Berliner Tagesspiegel über Umstrukturierungen bei der Grande Dame der deutschen Wochenzeitungen berichtet, hat das quasi offiziellen Charakter: Schließlich erscheinen beide Blätter unter dem Dach des Stuttgarter Holtzbrinck-Konzerns.
Das „Leben“ der Zeit, in Berlin beheimatet und vielen Altvorderen in der Hamburger Zentrale ein mittelschwerer Dorn im Auge, wird sich also reformieren und wieder stärker an das Mutterblatt heranbewegen, ist im Tagesspiegel zu lesen. Nun ist dies in der Tat eine bereits seit Monaten nachvollziehbare Entwicklung, der unverständlicherweise wieder einmal die Medienseite des Blattes geopfert wird. Ihre Themen finden künftig wieder da statt, wo sie nach Holtzbrinck’-scher Lesart hingehören: Im Wirtschaftsressort made in Hamburg.
Doch im Pressehaus am Speersort dürften demnächst noch deutlich weitreichendere Veränderungen anstehen: „In der Zeit geht keiner davon aus, dass die beiden im nächsten Jahr noch Chefredakteure sind“, heißt es am traditionellen Sitz der Redaktion in der Hansestadt. Gemeint ist das gemischte Doppel Michael Naumann und Josef Joffe. Es bescherte der jüngsten Ausgabe das Doppel-Endorsement: Der ehemalige Kulturstaatsminister Naumann empfahl seinen alten Chef Gerhard Schröder, der Atlantiker Joffe übte den vorsichtigen Schulterschluss mit dem Unionskandidaten Edmund Stoiber. Beide leiten seit Anfang 2001 das Blatt und sollen einem Aufstieg in die durch den Tod der Gräfin Dönhoff ausgedünnten Höhen der Herausgeberschaft gar nicht abgeneigt sein.
Interessant ist nun die Schar der Kandidaten, die als Nachfolger gehandelt werden: Es fällt der schon beinahe unvermeidliche Name von Tagesspiegel-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo, auch der von Ex-Zeit-Dossier-Leiter Thomas Kleine-Brockhoff, derzeit Korrespondent in Washington.
Und dann wäre da noch Claus Strunz. Abstrus? – Mitnichten: Bereits zu Gesprächen dagewesen sei der Bild am Sonntag-Chef, sagt ein Insider. Und Michael Grabner suche einen Blattmacher, der etwas von Zahlen versteht. Michael Grabner ist der Zeitungs-Vorstand des in Familienbesitz befindlichen Holtzbrinck-Konzerns und befindet sich derzeit auf Sanierungstour durch die Verlagsobjekte. Strunz gilt unter den Springer-Chefredakteuren als „Mann der Mitte“ (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung) – und damit offenbar als Außenseiter: Bei der von Welt-Chef Wolfram Weimer jüngst initiierten Kampagne gegen einen angeblich von der SPD motivierten Einstieg der WAZ-Gruppe bei Springer verweigerte Strunz („Ich finde es spannender, der Linkeste unter den Konservativen zu sein als der Konservativste unter den Linken“) seine Unterschrift.
So richtig links ist die Zeit bekanntlich nicht, und Grabner halte viel von dem 35-jährigen Bayreuther, heißt es intern. Mit dem Handelsblatt, dem er einen regiden Sparkurs verordnete, ist Grabner jetzt offenbar fertig – nun ist Zeit für die Zeit. STG
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