miethai: wohnlagenverzeichnis : Nur eine Vermutung
Mieter von Szene-Vierteln können aufatmen. Es gibt eine neue Chance, sich gegen Mieterhöhungen zu wehren. Ob die vom Vermieter begehrte Mieterhöhung zu zahlen ist oder nicht, hängt nämlich unter anderem von der Einordnung der Wohnung im Wohnlagenverzeichnis der Behörde für Stadtentwicklung ab. Alle Straßen Hamburgs werden in diesem Verzeichnis zusammengefasst und in normale oder gute Wohnlage eingestuft.
Wenn der Vermieter eine Mieterhöhung fordert und sich als Begründung auf den Mietenspiegel stützt, muss er angeben, in welche Wohnlage die Wohnung entsprechend dem Wohnlagenverzeichnis einzustufen ist, damit die Mieter die geforderte Miethöhe überprüfen können.
In der Regel wird dieses Verzeichnis von den Richtern nicht angezweifelt. Nicht so in dem aktuellen Urteil des Landgerichts Hamburg vom 1. 6. dieses Jahres (Az. 311 s 102/06). Hierbei ging es um eine Mieterhöhung, die der Vermieter von den Mietern verlangte, weil die betreffende Wohnung – statt wie bisher in die normale Wohnlage – entsprechend dem geltenden Wohnlagenverzeichnis in die gute Wohnlage eingestuft wurde.
Der zugrunde liegende Mietenspiegel weist bei dem einschlägigen Rasterfeld F3 der normalen Wohnlage eine Spanne von 4,48 bis 6,14 Euro (Mittelwert 5,29 Euro/m[2]) und bei dem Rasterfeld F7 der guten Wohnlage eine Spanne von 5,50 bis 8,88 Euro (Mittelwert 6,84 Euro/m[2]) aus. Dies entspricht beim Mittelwert immerhin einer Abweichung von 1,55 Euro/m[2]. Die Mieter wehrten sich daher gegen die Einstufung der Straße „Koppel“ in eine gute Wohnlage und wendeten sich damit gegen das Wohnlagenverzeichnis, das als allgemein verbindlich gilt.
Das Landgericht Hamburg entschied in seinem aktuellen Urteil nun, dass die Einordnung im Wohnlagenverzeichnis nicht verbindlich ist. Vielmehr handele es sich bei der darin vorgenommenen Einordnung lediglich „um eine widerlegliche Vermutung, so dass im Einzelfall die Wohnlageneinstufung durch das Gericht zu überprüfen ist, sofern substantiiert dargelegt wird, aus welchen Gründen die vorgenommene Einstufung fehlerhaft erscheint“.
So soll eine gute Wohnlage in der inneren Stadt etwa durch „straßenbildprägendes Grün“ und ein „gepflegtes Straßenbild“ sowie eine „ruhige Lage“ mit „starkem Grünbezug“ gekennzeichnet sein. Merkmale, die bei der Koppel unstreitig nicht vorliegen, so dass das Landgericht diese Straße in die normale Wohnlage einstufte. Mieter der Koppel in St. Georg können sich freuen.
MICHAELA SPERBER ist Juristin bei Mieter helfen Mietern, Bartelsstr. 30, ☎ 431 39 40, www.mhmhamburg.de