meinungsstark:
Wachsende Ungleichheit
„Don Otto und die AfD“, taz vom 4. 12. 25
Lange habe ich mich nicht so über einen Kommentar in der taz geärgert. Der Autor verpackt alte, abgelatschte Argumente in schickem Soziologendeutsch. Den beiden Hauptargumenten: 1. „wenn man die AfD verbietet, verschwinden nicht die Menschen, die ihre Meinungen teilen“ und 2. „das Verbotsverfahren zu beantragen ist zu riskant, denn ein Scheitern würde die AfD nur weiter stärken“ wurde schon hundertfach qualifiziert widersprochen. Völlig ins Off schießt sich der Autor aber durch sein vages Raunen hinsichtlich der „eigentlichen, tiefer liegenden Probleme“: da sind nicht „Erzählungen, Vorurteile“ zu nennen, sondern die sozialen Verwerfungen, die die wachsenden Ungleichheiten nach 30 bis 40 Jahren konsequent neoliberaler Politik nach sich gezogen haben. Da gibt es konkrete Probleme im Alltag: fehlende oder marode Verkehrsinfrastruktur, riesiger Niedriglohnsektor, kaputtgespartes Gesundheits- und Bildungssystem, nicht auskömmliches Rentenniveau … um nur ein paar Punkte zu nennen.
Jörg Wiegand, Butzbach
Parteiverbot durchsetzen
Der Text verfährt nach dem Motto: Lieber auf den schwer bis nicht lösbaren Teil eines Problems verweisen, um nichts tun zu müssen, als bezogen auf den lösbaren Teil zu handeln. Die Ideologie in den Köpfen kann man nicht verbieten, aber man kann verhindern, dass sie an die Macht kommt. Seit 1945 hat Deutschland einen ca. 20-prozentigen relativ stabilen Bevölkerungsanteil, der autoritär und fremdenfeindlich ist. Diese Menschen zu informieren, zu bilden und zu zivilisieren ist die ehrenwerte, wenngleich offensichtlich schwierige Aufgabe von Bildungsinstitutionen und Medien. Aufgabe demokratischer Politik ist es, dafür zu sorgen, dass diese Ideologie nicht an die Macht kommt. Das grundgesetzlich dafür vorgesehene Instrument ist das Parteiverbot. Also worauf warten die Bedenkenträger? Die Instrumente, ein gerichtlich angeordnetes Parteiverbot durchzusetzen, hat dieser Staat. Vorausgesetzt, es gibt den politischen Willen und eine politische Führung, die auf dem Niveau der Lage ist.
Michael Preis, Duisburg
Sonne ist unendlich
„Fusionieren statt spalten“, taz vom 2. 12. 25
Einmal mehr haben Sie der Lobhudelei der Fusionsbefürworter viel zu viel Raum gegeben: Auch die Kernfusion braucht Brennstoff, den es nur in Spuren auf der Erde und daher in sehr endlichen Mengen gibt – Sonne gibt es dagegen fast unendlich! Außerdem sind, was die Reaktionsbedingungen angeht, Kern(spaltungs)kraftwerke geradezu Kinderspielzeuge im Vergleich zu dem, was die Fusion erfordert: Ein Fusions-Großkraftwerk soll weniger gefährlich sein als heutige Kernkraftwerke??? Für dessen Aufbau gibt es doch noch nicht einmal schlüssige Konzepte. Arbeitsplätze schaffen kann man mit dem Geld ohne gigantischen Materialaufwand ohnehin viel mehr und schneller, wenn man Solarstrom- und Windenergienutzung nicht weiter ausbremst, sondern ausbaut.
Werner Behrendt, Holste & Bremen
Es geht um Privilegien
„Rentenreform trifft vor allem die Armen“, taz vom 28. 11. 25
Philipp Portz verwendet die Begriffe „soziale Stärke“ und „sozial Schwächste“ wiederholt synonym für „Reich“ und „Arm“. An anderer Stelle spricht er richtigerweise von „Privilegierten“ und „weniger Privilegierten“. Mit gutem Willen kann man davon ausgehen, dass er arme Menschen nicht automatisch als sozial schwache Menschen sieht. Es ist ermüdend, aber offenbar immer wieder notwendig, darauf hinzuweisen, dass sich soziale Schwäche nach anderen Kriterien bemisst. Das machen Überreiche, die Eigennutz vor Gemeinwohl stellen, immer wieder deutlich.
Klaus Jacobs, Osnabrück
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